Von der «Steppenwolf»-Lektüre in den Chefsessel
Martin Keck, der ärztliche Direktor der Privatklinik Schlössli, will psychisch kranken Menschen helfen – mit aussergewöhnlichen Mitteln, wenn es sein muss.
Von Regine Imholz Oetwil – Ein grosses, helles und gar nicht pedantisch aufgeräumtes Büro, das Bild eines weissen Segelboots an der Wand und ein ebensolches Modell im Büchergestell – der neue Inhaber des Chefsessels im Schlössli scheint ein Mensch zu sein, der Licht und Weite um sich braucht. «Ich bin ein begeisterter Segler», sagt der 42-Jährige, «doch ich habe einfach zu wenig Zeit dafür.» Seit Martin Keck am 1. Mai die Stelle als neuer ärztlicher Direktor der Clienia Privatklinik Schlössli in Oetwil angetreten hat, scheint sein Tag noch weniger Stunden zu haben. Der Männedörfler schlägt sich nicht nur mit Papierkram herum – zweimal pro Woche behandelt er die Patienten höchstpersönlich. «Das war eine Bedingung», sagt er, «sonst hätte ich die Stelle nicht angenommen.» Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Martin Keck startete seine Karriere als 13-Jähriger. Angeregt durch die Lektüre etwa von Hermann Hesses «Steppenwolf» begann er sich schon früh mit der Psyche des Menschen zu beschäftigen. Seelische Krankheit erlebte er im nächsten Umfeld, als Schulkollegen an Depressionen erkrankten. Und Medienberichte über die Zustände in psychiatrischen Kliniken bewegten den Schüler zutiefst. Die Faszination für das Thema ist seither ungebrochen. Dass Primarklassen das Schlössli besuchen, gehört beim neuen Direktor zum Programm.Warum wechselt ein leitender Arzt von der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich ins Schlössli nach Oetwil – war es der Direktor-Titel, nach dem er strebte? «Nein», antwortet Keck, «weil ich hier umsetzen kann, was ich so lange erforscht habe.» Wo könne man das besser als in einer Klinik, in der das ganze Spektrum an psychischen Krankheiten behandelt werde, fragt er rhetorisch. Für den Job im Schlössli habe er auf interessante Angebote aus der Pharmaindustrie verzichtet. Preis des «schnellen» Lebens Seit 2005 haben sich die Klinikeintritte jedes Jahr um zehn Prozent erhöht. «Depressionen nehmen stark zu», sagt Keck. Auch Angst- und Essstörungen werden immer mehr diagnostiziert. Der Direktor führt dies vor allem auf die beschleunigte Lebensform der letzten Jahre zurück. «Man muss lernen, sich gegen die Flut von Informationen abzugrenzen», erklärt er. Viele Menschen befänden sich dermassen in einem Strudel, dass sie damit nicht mehr umgehen könnten. Handy, Internet und Blackberry beherrschen ihr Leben. Mit diesen Patienten wird deshalb geübt, elektronische Hilfsmittel nur noch gezielt und zu gewissen Zeiten einzusetzen. Dem Facharzt fällt es nicht immer leicht, die professionelle Distanz zu wahren. «Ich erfahre jede Woche von entsetzlichen Schicksalen», sagt er. Da ist zum Beispiel der Vater, der bei einem selbst verschuldeten Unfall seine Frau und seine drei Kinder verlor. Wie bei medizinischen sei auch bei psychischen Erkrankungen eine Heilung nicht immer möglich. Immerhin: 80 Prozent der Patienten verlassen das Schlössli weitgehend geheilt. Neben den üblichen Heilmethoden wie möglichst schonenden Medikamenten und Gesprächstherapien setzt man in der Klinik auch auf weniger gewöhnliche Mitteln wie Hypnose, Akupunktur, Tanz und Nordic Walking. Martin Keck glaubt, im Schlössli den Job seines Lebens gefunden zu haben. «Ich rechne damit, hier zu arbeiten, bis ich 70 Jahre alt bin», erklärt er. Für ihn ist es undenkbar, schon in ein paar Jahren weiterzuziehen. «Diese Arbeit braucht Kontinuität», betont er, «sonst bringt es nichts.» «Die Arbeit als Direktor braucht Kontinuität. Ich möchte in der Klinik Schlössli arbeiten, bis ich 70 Jahre alt bin.» Martin Keck
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