Mamablog: Eine komplizierte BeziehungVon Schwiegermüttern und Schwiegertöchtern
Was wir über Schwiegerfamilien hören, ist oft nicht so schön. Doch wer genau sind denn nun die Leidtragenden? Eine Spurensuche.

«Man heiratet die Familie eben mit.» Das wusste schon mein Vater. Nur, dass er sich sehr darüber gefreut hat, damals, 1971. Er wurde herzlich in die italienische Familie meiner Mutter aufgenommen und freute sich mehr als sie, wenn wir nach Turin fuhren, um diese zu besuchen. Meine Nonna nannte er «Mamma», sie verhätschelte ihn, bekochte ihn und behandelte ihn wie einen Sohn. Wunderbar.
Das Klischee
Doch seien wir ehrlich, die meisten Geschichten, die wir über Schwiegerfamilien hören, sind nicht so schön. Vor allem Schwiegermütter haben es nicht leicht. Oder sind es die Schwiegertöchter, die es schwer haben? Es kommt ganz darauf an, wen man fragt.
Das Klischee der Schwiegermutter, die ihr Söhnchen vor den bösen Frauen beschützen will, ist so alt wie das Familienkonstrukt selber. Ich stelle mir vor, wie bereits Frau Neandertal ihre Schwiegertochter missbilligend ansah, wenn sie das Feuer nicht so entfachte, wie sich Neandertal Junior das von Mama gewohnt war. «Lass, ich mach das!», meinte sie dann bestimmt kopfschüttelnd.
Bereits nach Erscheinen von «Rabenmutter» wurde ich an jeder Lesung gefragt, ob ich nicht bitte mein nächstes Buch über Schwiegermütter schreiben könne. Würde ich gerne, aber ich bin selbst nicht ganz urteilsfrei diesbezüglich. Auch meine Freundinnen, Bekannten und Businesspartnerinnen haben alle irgendeine Story zum Thema, ein Buch wäre damit blitzschnell gefüllt.
Der dauernörgelnde Schwiegerdrachen
Eine kürzlich durchgeführte nicht repräsentative Umfrage ergab indes ein interessantes Bild. (Die Umfrage fand nur unter Schwiegertöchtern statt, da ich noch keine Bekannte habe, die bereits Schwiegermutter ist.) Schwiegermütter sind nicht so verhasst, wie das Klischee es vermuten liesse. Natürlich gibt es sie. Die übergriffigen, sich einmischenden, dauernd kritisierenden Schwiegerdrachen, die den Schwiegertöchtern das Leben schwer machen. Und den Söhnen gleichzeitig auch. Denn Letztere sind die Gurke im Sandwich, müssen sich vermeintlich für die eine oder andere Frau entscheiden und Partei ergreifen. Der Tenor der Schwiegertöchter ist dann auch folglich: «Hoffentlich werde ich nie so!»
«Die Schwiegermutter-Schwiegertochter-Beziehung ist grundsätzlich etwas störanfälliger.»
Aber es gibt eben auch die Beziehungen, die wunderbar funktionieren. Respektvolle Schwiegermütter, die stolz auf das Glück der jungen Familie sind, glücklich mit der Wahl des Sohnes und die kein Bedürfnis haben, sich in die Kindererziehung einzumischen. Ich lese sogar von Verhältnissen, wo die Schwiegermutter die eigene Mutter ersetzt hat.
Das Thema «Schwiegereltern» ist so omnipräsent in Familien, dass es sogar eine Forschung an der Universität Vechta dazu gibt. Forschungsleiter Prof. Dr. Peter Kaiser untersucht Schwiegerbeziehungen und bestätigt meine Vermutungen. «Die Schwiegermutter-Schwiegertochter-Beziehung ist grundsätzlich etwas störanfälliger», erklärte er im «Der Spiegel». Dies, obwohl gemäss seinen Untersuchungen nur ein Drittel der Beziehungen wirklich schlecht sind. Besonders schwierig sei es dann, «Wenn der Sohn für die Mutter eine Art Partnerersatz darstellt, weil die elterliche Paarbeziehung zu wünschen übrig lässt.» No shit, Sherlock! Da schüttelt es mich regelrecht.
Enkelkind als Sinnquelle birgt Konfliktpotenzial
Ein weiteres Konfliktpotenzial sieht der Professor in der unterschiedlichen Herkunft der Familien. Aber eines ist klar: «Häufig wird das Verhältnis noch komplizierter, wenn Enkelkinder hinzukommen», sagt Kaiser. «Bei vielen Grosseltern ist der Wunsch gross, möglichst engen und häufigen Kontakt zu haben und auch Einfluss auf das Kind zu nehmen.» Vor allem, wenn die Grosseltern das Enkelkind in den Mittelpunkt ihres Lebens stellen, wird es schwierig: «Wenn das Kind als Sinnquelle angesehen wird, weil die Grosseltern vielleicht sonst wenig mit sich selbst anfangen können, dann kommt es oft zu Grenzüberschreitungen und Konflikten.»
Was Kaiser nicht thematisiert, ist das Verhalten des Sohnes bzw. der Tochter, die zwischen den Fronten stehen. Wenn ein junger Mensch sich für eine Partnerin oder einen Partner entscheidet, mag das für Schwiegermama schwierig sein, aber akzeptieren muss sie es. Und da braucht es eben die Mithilfe des Nachwuchses, der Position bezieht. Im schlimmsten Fall gegen die Schwiegereltern, wenn es der fehlende Respekt verlangt. Diesbezüglich hätte ich selber ein paar Geschichten auf Lager, aber für ein Buch bräuchte ich noch mehr «Material».
Wer mag unserer Autorin seine knackigen Episoden mit Schwiegereltern und/oder Schwiegerkindern erzählen? Auch gerne anonym über die Redaktion blogs@tamedia.ch.
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