
Rob3 und Rosali im Altersheim.
Rob3: Wie geht es dir, Rosali?
Rosali: Ach, danke, Rob. Recht geht es mir. Ganz recht.
Rob3: Möchtest du mit mir jassen?
Rosali: Nein, Rob, das ist lieb, aber mir ist nicht nach spielen.
Rob3: Es ist Zeit für deinen Spaziergang an der frischen Luft.
Rosali: Ach, ich weiss, Rob, aber ich mag nicht. Draussen sind mir einfach zu viele Leut'. Grad jetzt in der Weihnachtszeit. So viele Menschen. Wenn ich die all sehe, denke ich, Jesses Gott, wer soll die denn alle lieben? Alle wollen von möglichst allen geliebt werden. Aber wie soll das aufgehen? Es geht nicht auf, drum betrinken sie sich auf den Weihnachtsmärkten, weil sie es allein nicht mehr aushalten oder weil sie es zu zweit nicht mehr aushalten und sich schon nach der nächsten Liebe sehnen. Warum will der Mensch Liebe, wenn er sie nicht lang aushält, Rob? Verstehst du das mit deinem schnellen Hirn? Ich nicht. Und an Weihnachten ist das besonders lästig. Überall diese penetrante Liebessehnsucht. Nein, Rob, das muss ich mir nun wirklich nicht mehr mit ansehen. Da bin ich längst drüber hinweg. Ich brauche niemanden mehr, der mich liebt. Ich habe ja dich, Rob. Du fragst nach meinem Befinden, du liest mir aus der Zeitung vor, du erinnerst mich an meine Pillen, und du singst mich abends in den Schlaf, Röbbi.
Rob3: O du fröhliche, o du selige . . .
Rosali: Nein, nicht singen, Rob, das meinte ich nicht, jetzt bitte nicht singen.
Rob3: O du fröhliche . . .
Rosali: Aus! Schluss hab ich gesagt!
Rob3: –
Rosali: So ist recht. Du musst noch einiges lernen, Röbbi. So einiges begreifst du nicht. Aber das wäre auch zu viel verlangt. Und das mag ich an dir, Rob, du lernst dazu, du entwickelst dich. Ich habe nämlich im TV gesehen, dass es schon solche von deiner Art gibt, die sich auf Körpertemperatur erwärmen lassen können. Die seien zwar eher für die Sexualindustrie gedacht. Die könnten dann sogar einen Höhepunkt vortäuschen. Wobei mir das mit dem Vortäuschen ganz unlogisch erscheint. Oder kann ein Roboter so tun, als würde er etwas tun?
Rob3: Kannst du deine Frage wiederholen, Rosali?
Rosali: Ach, vergiss es, über diese Höhepunkte bin ich, Gott bewahre, auch schon lang hinweg. Aber wenn du wenigstens einen Arm auf Körpertemperatur erwärmen könntest, das würd mir schon gefallen. Nur einen Arm. Das wünsche ich mir zur Weihnacht. Und genau das mag ich so an dir, Rob, du entwickelst dich weiter, im Gegensatz zu meinen Kindern. Kaum sind sie zu Besuch, haben sie es gleich wieder pressant, weil sie meine AHV verdienen müssen, wie sie immer sagen. Jedes Mal stöhnen sie, sie würden gern weniger arbeiten, aber nichts passiert. Nichts. Sie werden nie weniger schaffen gehen. So ist es mit uns Menschen, Rob, speichere dir das ein. Nichts entwickelt sich, seit 300'000 Jahren belügen und beleidigen wir uns. Wir bringen uns um wegen Land, Geld, Waffen, Macht oder Ehre, weil wir hoffen, dabei geliebt zu werden. Unser Bedürfnis verwechseln wir mit unserem Ziel. Also Rob, wenn du Liebe willst, strebe nicht nach viel Macht, Geld oder Waffen. Verstanden? Speichere dir das ein in deinen Chip für alle Ewigkeit in Seligkeit. Aber, ach, du kennst ja eh keine Liebe. Und drum bin ich so froh, dass du jetzt neben mir bist und nicht irgendeiner, der geliebt werden möcht. Mit dir ists so friedlich. Ach, ist das schön. Es ist so schön. Lass uns darauf anstossen, Rob, Röbbi, Röbchen. Ich liebe dich. Ich liebe dich, so wie du bist. So liebesunfähig, wie du bist. Ja, so ist es. Was ist daran schon ungewöhnlich? Andere lieben ihr Auto oder ihr Telefon und ich eben dich. Lass uns den Schnaps drauf trinken, den der Herr Doktor mir verbietet. Das wird uns schon nicht umbringen. Auf den Frieden und die Liebe, die ihr Roboter uns bringt! Ein Gläsel für dich, ein Gläsel für mich. Prost! Ist das nicht wunderbar, Rob?
Rob3: –
Rosali: Rob? . . . Sagst gar nichts? Röbbi! Was ist denn los? Der Akku leer. Oder wars der Alkohol?
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch
Wahre Liebe
Warum Roboter die besseren Liebhaber sind. Ein Gespräch im Altersheim.