War es Russland? Nein, ja, vielleicht
US-Präsident Trump ändert nach dem Helsinki-Gipfel mehrmals täglich seine Meinung – eine Art der Schadensbegrenzung.
Donald Trumps Meinung ändert sich nicht nur regelmässig. Er vollbringt einen solchen Umschwung mehrmals innerhalb kürzester Zeit. Auch am Mittwoch sorgte der Präsident, der sich immer wieder in Lügen verstrickt, in Washington erneut für Verwirrung – so weit ihm die Amerikaner ausserhalb seiner Basis überhaupt noch Glauben schenken.
An der Pressekonferenz mit Russlands Präsident Wladimir Putin hatte Trump erklärt, nicht daran zu glauben, dass russische Hacker Einfluss auf die US-Wahlen genommen hätten. Damit widersprach er seinen eigenen Geheimdiensten – sogar aus den eigenen politischen Reihen hagelte es Kritik.
Zurück in Washington, verlas Trump am Dienstag eine Erklärung, um zurückzurudern. Zumindest ein bisschen. Er habe sich schlicht versprochen, las er die Worte ab, die ihm offensichtlich sein Team zur Schadensbegrenzung vorformuliert hatte. Statt «Ich sehe keinen Grund, warum Russland es gewesen sein sollte» habe er «nicht gewesen» sagen wollen. Das sei «eine Art doppelte Verneinung» gewesen. Die ganze Ausrede war derart hanebüchen, dass sie in den Late Night Shows und sozialen Netzwerken schnell zum Witz des Tages wurde.
Video: «Es war bloss ein Versprecher»
Er habe sich in Helsinki versprochen, erklärt US-Präsident Trump im Weissen Haus. Video: AFP/Tamedia
Doch noch während er die korrigierende Erklärung verlas, distanzierte Trump sich – offenbar vom offiziellen Skript abweichend – wieder von der Aussage. Den Satz «Ich akzeptiere die Erkenntnisse unserer Geheimdienste, dass die russische Einmischung in unsere Wahlen stattgefunden hat» ergänzte er auf eigene Faust mit: «Es könnten aber auch andere Leute gewesen sein. Es gibt einen Haufen Leute da draussen.» Russland, ja, nein, vielleicht, vielleicht irgendjemand, alle sind verdächtig.
Dann kam der Mittwoch. Nach einer Kabinettssitzung fragte eine Reporterin, ob Russland die USA immer noch ins Visier nehme, also weiter versuche, Wahlen zu beeinflussen. Worauf Trump sie anblickte und mit «Nein» antwortete. Und dazu heftig den Kopf schüttelte. Er sei härter mit Russland umgegangen als jeder andere US-Präsident, fügte er noch hinzu. Damit widersprach der 72-Jährige erneut seinen Geheimdiensten – die hatten Russlands Versuche als «ongoing», also weiterhin laufend, beschrieben.
Erneut versuchte das Weisse Haus, Trumps Worte irgendwie einzufangen. Sprecherin Sarah Huckabee Sanders erklärte später, Trump glaube selbstverständlich, dass Russland erneut versuchen werde, Wahlen in den USA zu manipulieren. «Der Präsident hat Wladimir Putin klargemacht, dass er sich aus US-Wahlen heraushalten soll», sagte sie vor Journalisten.
Die Pressestelle versucht Trump zu retten
Und dann servierte Huckabee Sanders wieder eine jener Begründungen, die Trump stets als ein Opfer darstellen, das die Medien absichtlich missverstehen. Mit seinem «Nein», führte Sanders aus, habe der Präsident doch nur sagen wollen, dass er den Reportern keine weiteren Fragen mehr beantworten werde. Diese Erklärung erscheint schon alleine deshalb fragwürdig, weil Trump die Reporterin anblickte und danach sehr wohl noch weiter auf Fragen antwortete. Ausserdem gibt es eine offizielle Abschrift, die belegt, dass es nicht so war, wie Huckabee Sanders sagt.
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KGB-Choreografie am Gipfeltreffen

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Einige Stunden später äusserte sich wieder Trump, dieses Mal in einem Interview mit dem TV-Sender CBS. Er habe die russische Einmischung in die US-Wahlen im Gespräch mit Putin als inakzeptabel bezeichnet, erklärte der US-Präsident dort. «Ich habe ihn wissen lassen, dass wir das nicht tolerieren können.» Am Montag hatte er, direkt angesprochen auf Vorwürfe gegenüber Russland, erklärt, dass «beide Seiten verantwortlich» seien.
Am Mittwoch nun sagt Trump, er halte Putin «persönlich verantwortlich» für die Manipulationen. Der Russe sei schuldig, weil er schliesslich «die Verantwortung für sein Land trage». Der CBS-Journalist hakt nach: «Wenn Sie also den US-Geheimdiensten glauben, lügt Putin Sie dann an?», fragt er. Trump antwortet ausweichend: «So weit würde ich nicht gehen zu sagen, ob er lügt oder nicht.»
Kritik bezeichnet Trump als «Trump-Umnachtungssyndrom»
Wohlwollende Mitarbeiter verwiesen anonym in US-Medien darauf, dass der 72-Jährige den Unterschied zwischen den Vorwürfen der «russischen Wahleinmischung» (meddling) und der «russischen Zusammenarbeit mit dem Trump-Team» (collusion) nicht verstehe und deshalb bei Fragen zur Wahlmanipulation sofort in den aggressiven Verteidigungsmodus wechsle.
Trump wiederum brüstet sich auf Twitter damit, ein ausgezeichnetes Verhältnis zu Putin zu haben. Kritik an den guten Beziehungen bezeichnete er als Zeichen für ein «Trump-Umnachtungssyndrom». Ein Begriff, über den am Mittwoch auch seine Kritiker diskutierten. Allerdings in einem anderen Zusammenhang.
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