Besucherboom im FussballWarum die Super League so viele Menschen anzieht wie noch nie
Die Schweizer Liga verzeichnete diese Saison einen Zuschauerrekord. Was steckt dahinter?

Es ist ein eisig kalter Samstagabend am Ende der Zürcher Sportferien. Die Temperatur: 0 Grad. Niemand sollte gross ein Bedürfnis haben, etwas im Freien zu unternehmen. Trotzdem kommen an diesem Abend über 15’000 Menschen ins Stadion Letzigrund, um sich die Partie FC Zürich gegen die Young Boys anzuschauen. Die vielen Menschen stehen gerade sinnbildlich für die Super League. Diese veröffentlichte letzte Woche ihre Statistik zu den Zuschauerzahlen der Saison 2022/23. Das Resultat: Die SFL boomt. Mit einer durchschnittlichen Zuschauerzahl von 12’965 Besuchern pro Spiel lockt sie so viele Menschen an wie noch nie zuvor. Im Vergleich zur Saison 2003/04 kommen pro Match rund 4000 Menschen mehr ins Stadion, was einem Zuwachs von fast 45% entspricht. Die Super League belegt in der Uefa-Clubkoeffizienten-Rangliste den 13. Platz. Bei den Publikumszahlen steht sie aber auf Rang 8. Wie lässt sich das erklären?
Philippe Guggisberg, der Medienchef der Liga, erklärt die Entwicklung: «Es ist natürlich sehr erfreulich, wir sind aber auch nicht 100% selbst dafür verantwortlich. Es hängt von einigen Faktoren ab. Viele davon können wir gar nicht beeinflussen. Es ist aber eine sehr schöne Momentaufnahme, bei der man vor allem die Clubs loben muss.» Guggisberg nennt für den Boom vier Hauptgründe.
Aufsteiger Winterthur
Die Zusammensetzung der Liga spielt eine wichtige Rolle. Speziell in einer eher kleineren Liga wie der Super League mit nur zehn Teams hat es einen grossen Effekt auf die Zuschauerzahl, wenn plötzlich ein Team aufsteigt, das eine grosse Fanbasis mitbringt. Das geschah diese Saison. Der FC Winterthur hat durchschnittlich 8115 Besucher. Die Spiele des letztjährigen Aufsteigers Lausanne-Sport schauten im Schnitt 2919 weniger. Beim FCW kommt auch dazu, dass seine Fans die Zuschauerzahl auch auswärts erhöhen, da sie zahlreich mitreisen.
Der «Nach-Corona-Effekt»
Winterthur ist aber nicht allein für den Zuschauerrekord verantwortlich. Die Super League profitiere immer noch vom «Nach-Corona-Effekt», sagt Guggisberg. Die Menschen sind weiterhin froh, dass sie wieder ins Stadion gehen, live bei einem Sportereignis dabei sein und die Atmosphäre geniessen können. Der Fussball hat zudem das Problem des «Rückstaus» an Veranstaltungen nicht, wie es in der kulturellen Eventbranche auftrat. Die Liga kann weiterhin einmal pro Woche eine Veranstaltung durchführen.
Moderne Infrastruktur
Zu einem langfristigen Zuwachs der Besucherzahl habe sicher die verbesserte Infrastruktur geführt. «Ein modernes Stadion mit guter Gastronomie, überdeckten Tribünen und genügend Toiletten zieht nicht nur mehr Menschen an, sondern schafft zusätzlich auch Anreize für Leute, welche früher nicht in ein Stadion gegangen wären», sagt Guggisberg. Zudem haben neue Stadien oft ein grösseres Fassungsvermögen. Der FC St. Gallen hat, seitdem er im Kybunpark spielt, einen höheren Zuschauerschnitt – die neue Arena hat dreimal so viele Plätze wie das frühere Stadion Espenmoos.
Sportlicher Aspekt
In St. Gallen kommt zudem der sportliche Erfolg dazu. Die Ostschweizer standen in der vergangenen Saison im Cupfinal. Das führte dazu, dass der FCSG letzte Saison den höchsten Zuschauerdurchschnitt in der Clubgeschichte verzeichnete. Und diesen Wert der in laufenden Saison nochmals verbesserte. Auch die Young Boys sind beliebt. Der Saisonkartenverkauf wurde beim Rekordwert von 20’340 gestoppt. Auf der anderen Seite steht der FC Basel. Verglichen mit seiner letzten Meistersaison im Jahr 2016/17 kommen jetzt rund 5000 Fans weniger ins Stadion. Er verliert aber im Schnitt weniger Zuschauer, als Teams wie St. Gallen und die Young Boys dazugewinnen. Der Boom der Liga kann damit nicht gestoppt werden.
Doch was bedeutet dieser Zuwachs an Besuchern für die Vereine? Mehr Zuschauer führen zu mehr Geld für die Clubs. Dadurch könnten die Teams teurere Spieler oder Trainer verpflichten und so das Niveau in der Liga verbessern. Vielleicht gelingt es der Super League durch diesen Erfolg dann auch, bei der Uefa-Clubkoeffizienten-Rangliste besser abzuschneiden.
Fehler gefunden?Jetzt melden.