Warum Einbrecher Zürich zunehmend meiden
In Zürich geht die Zahl der Einbrüche stark zurück, in Deutschland passiert das Gegenteil. Das könnte zusammenhängen.

Aus deutscher Optik muss Zürich wie ein Rätsel erscheinen. So viele wohlhabende Leute, so viele stattliche Häuser – und so wenige Einbrecher. Obwohl es für Kriminelle hier zweifellos eine Menge zu holen gäbe, sinkt die Zahl der Einbrüche seit Jahren, und zwar rasant. In Deutschland zeigt der Trend derweil in die Gegenrichtung.
Die Zahlen, die der Stadtzürcher Sicherheitsvorsteher Richard Wolff kürzlich präsentierte, zeichnen ein Bild, das nach einer Erklärung ruft. Im Jahr 2012 registrierte die Polizei hier noch etwas über 6000 Einbrüche, 2016 waren es nur noch knapp 2500. Ein Minus von fast 60 Prozent innert nur vier Jahren – das ist umso erstaunlicher, als die Stadt Zürich im gleichen Zeitraum um 20'000 Einwohner gewachsen ist. Ähnlich sieht es im Kanton Zürich und in der übrigen Schweiz aus.
Reisende Täter
Den Anstieg in Deutschland führt Innenminister Thomas de Maizière primär darauf zurück, dass «organisierte, reisende Tätergruppen aus Südost- und Osteuropa» verstärkt aktiv sind. Wie der «Spiegel» berichtete, zeigt sich das auch daran, dass jene Einbrecher, die die Polizei erwischt, öfter ausländischer Herkunft sind als noch vor ein paar Jahren. Auch Europol führt die Entwicklung auf reisende Täter zurück. Laut einer Sprecherin des deutschen Bundeskriminalamts kommen die meisten aus Staaten wie Serbien, Rumänien oder Albanien.
Im Umkehrschluss könnte der Rückgang in Zürich damit zusammenhängen, dass die Region von solchen Profieinbrechern zunehmend links liegen gelassen wird. Die Zürcher Kriminalstatistik zeigt zwar, dass der Anteil der Ausländer unter den gefassten Einbrechern nicht abgenommen hat. Trotzdem denken auch die Kriminologen der Kantonspolizei an ausländische Tätergruppen, wenn sie nach Gründen für die sinkenden Einbruchszahlen suchen: Eine der möglichen Ursachen sehen sie darin, dass in den Herkunftsländern solcher Gruppen bestimmte Güter für die breite Bevölkerung erschwinglich geworden sind, die zuvor teuer oder nicht verfügbar waren. Dadurch sinke die Nachfrage nach geklauter Ware. Auch Kriminelle sind den Gesetzen des Markts unterworfen.
Polizei mit neuen Methoden
Weil viele Einbrecher nicht erwischt werden, weiss die Polizei allerdings nur wenig über solche Faktoren. Einig sind sich viele Fachleute aber in zwei Dingen. Erstens: Einbrecher wählen den Weg des geringsten Widerstands. Zweitens: Sie informieren sich über ihr Zielgebiet, passen ihr Verhalten an, wenn sich die Umstände ändern – und in der Region Zürich hat sich in den vergangenen Jahren einiges getan. Nicht nur seitens der Polizei, auch seitens der Bevölkerung.
Die Kantonspolizei erwähnt neben ihren Präventionskampagnen unter anderem «gezielte Kontrollen» auf der Strasse und im öffentlichen Verkehr. Nach welchen Mustern sie dabei vorgeht, gibt sie nicht bekannt. Die Stadtpolizei Zürich wiederum erforscht seit Mitte 2014 mit der Software Precobs die Verhaltensmuster von Einbrechern. So sind ihre Patrouillen vor den Kriminellen am designierten Tatort und vermiesen diesen so die Tour. In den betreffenden Quartieren ging die Zahl der Einbrüche laut früheren Angaben um durchschnittlich 15 Prozent zurück.
Auf ähnliche Rezepte setzt man auch in den süddeutschen Nachbargebieten. Offenbar ebenfalls mit Erfolg: Laut einem Sprecher des Landeskriminalamts Baden-Württemberg gehen die Fälle nach einem auffälligen Anstieg seit zwei Jahren wieder deutlich zurück. Der deutschen Polizei ist aufgefallen, dass die mobilen Einbrecherbanden Tatorte bevorzugen, die gut ans Autobahnnetz angeschlossen sind und von wo sie schnell über die Grenze kommen. Dort verlieren die Ermittler viel Zeit, weil es mit der internationalen Zusammenarbeit hapert. Insofern könnte auch das Grenzwachtkorps in der Region Zürich Teil der Erklärung für die ausbleibenden Einbrecher sein.
Laut Mediensprecher Peter Zellweger hat man zwar die Kontrollen an den Grenzübergängen nicht intensiviert, da der Personalbestand unverändert ist. Bei der Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität liege das Schwergewicht aber ohnehin auf mobilen Kontrollen. Dabei sei die Zusammenarbeit mit der Polizei enger geworden: Man koordiniere etwa in der dunklen Jahreszeit, wenn Einbrüche Konjunktur haben, die Patrouillen im Grenzraum und führe auch gemeinsame Schwerpunktaktionen durch.
Zudem haben viele Private aufgerüstet: etwa mit einbruchsicheren Türen und Fenstern. Das wirkt laut Polizei nicht zuletzt deshalb, weil Einbrecher am Tatort keine Zeit verlieren wollen. Laut Fabrizio Barbaresi von der Zürcher Firma BSW Security sind auch die Preise für Alarmanlagen und Videoüberwachung gesunken, was sich in steigenden Absatzzahlen zeigt. Alle Beobachter sind sich einig, dass es eine Kombination all dieser Faktoren sein muss, die Einbrecher derzeit von Zürich fernhalten.
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