Was der Schweizer Politik gut täte
Das waren noch Zeiten, als man sich am Fernsehen über den Bösewicht der Fernsehserie «Dallas» ärgern konnte. Auch in Bundesbern hat sich vieles verändert. Und es gibt ein neues Zauberwort.
J. R. Ewing leitete in «Dallas» den Familienbetrieb mit schmutzigen Tricks und war in den 80er-Jahren am TV ein erfreuliches Ärgernis. Später rückten mit Leuten wie Christoph Blocher auch in der Politik «die Bösen» ins Rampenlicht.
Das hat sich inzwischen markant verändert. Statt Fernsehbösewichte kriegen wir «Sex and the City» vorgesetzt. Und in der Politik regieren die Lieben und Netten. Das zeigte sich ganz besonders gestern beim Entscheid der Rechtskommission des Ständerats zur Aufhebung der Immunität von Christoph Blocher deutlich.
Von aussen betrachtet sah es nach Abstrafen eines Politikers aus, der nicht mehr in den politischen Mainstream von Bern passt. Pointiertes Auftreten, Ecken und Kanten, das ist heute in Bundesbern nicht mehr in Mode. Im Parlament beherrschen bis zur politischen Farblosigkeit abgeschliffene Figuren mit fadengeraden Biografien das Feld. Und die Grenzen zwischen links und rechts verschwimmen zusehends.
Das beste Beispiel dafür lieferte die SP vergangene Woche ab, als fast die Hälfte ihrer Parlamentarier (Ständerat und Nationalrat) die Abgeltungssteuerabkommen mit Deutschland, Grossbritannien und Österreich aktiv unterstützten. Ein klares Bekenntnis zum Bankgeheimnis, obwohl man dieses eigentlich bekämpfte. Wodurch unterscheidet sich die SP eigentlich noch von den übrigen Parteien?
Und was ist mit den Grünen los, wo Mitglieder der neuen Führungsspitze plötzlich das Bankgeheimnis sogar verteidigen und bei der Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative mithelfen, diese zu verwässern? Selbst die SVP gibt sich inzwischen handzahm und hat ein paar Gänge zurückgeschaltet. Es gibt ein neues Zauberwort in Bern: Pragmatismus.
Will heissen: Man macht an der eigenen Meinung so lange Abstriche, bis man die gleiche Überzeugung hat wie alle anderen, so dass man sich beim Schlussentscheid auch zu den Siegern zählen darf.
Für diese Art des Politisierens gab es früher eine Namen: Wischiwaschi – ein Etikett, das man vor allem der CVP aufklebte. Inzwischen ist das in Bern in allen Parteien gang und gäbe. Besser sind die Entscheide deswegen nicht. Ein paar «Böse» täten der Schweizer Politik gut.
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