Was die arbeitslosen Astronauten auf der Erde erwartet
Wenn mit der Atlantis das letzte Spaceshuttle auf die Erde zurückkehrt, verlieren dutzende Astronauten ihren Job. Nach vielen Jahren im Weltall beginnt die Suche nach einer neuen Herausforderung.
Die einst beeindruckende Riege von Nasa-Astronauten ist längst ein Schatten ihrer selbst. Und sie dürfte sich weiter verkleinern, wenn mit der «Atlantis» am Donnerstag das letzte US-Shuttle auf die Erde zurückkehrt.
Die grossen Zeiten der Raumfahrt scheinen vorbei zu sein. Von fast 150 Astronauten vor zehn Jahren sind heute gerade noch 60 im Dienste der US-Raumfahrtbehörde. Zwar wird auf der Internationalen Raumstation (ISS) auch in Zukunft Personal benötigt. Da für das Shuttle-Programm aber kein Ersatz in Sicht ist, suchen viele der einstigen Weltraumfahrer nach neuen Wege.
Ein Kindheitstraum geht zu Ende
Steven Lindsey, der Kommandant der Discovery-Mission im März? In der vergangenen Woche hatte er bei der Nasa seinen letzten Arbeitstag, künftig steht er bei einem kommerziellen Raumfahrtunternehmen unter Vertrag. Mark Kelly, der Kapitän des letzten Endeavour-Flugs im Mai? In wenigen Monaten geht er in Rente und will gemeinsam mit seiner Frau, der bei einem Attentat schwer verletzten Kongressabgeordneten Gabrielle Giffords, seine Memoiren schreiben.
Der Atlantis-Kommandant Christopher Ferguson versicherte vom Weltall aus im Telefongespräch mit der Nachrichtenagentur AP, dass er auch nach seiner Rückkehr zur Erde der Nasa treu bleiben wolle. Mindestens eines der drei übrigen Mitglieder der Atlantis-Crew ist sich da aber noch nicht so sicher. Ihre Kindheit habe sie damit verbracht, vom «Astronautsein» zu träumen, sagt Sandra Magnus, die dieses Ziel im Jahr 1996 erreichte. Wenn sie mit der «Atlantis» gelandet sei, werde sie schauen, was das nächste Kapitel für sie bereithalte.
Für Peggy Whitson, die Chef-Astronautin der Nasa ist, werden die vielen Abgänge immer mehr zum Problem. Auf der einen Seite muss sie sich nach dem Ende der Shuttle-Ära um die Stimmung im Flugleitzentrum in Houston sorgen. Auf der anderen Seite muss sie die Öffentlichkeit in den USA davon überzeugen, dass Amerika auch ohne Shuttle-Flüge weiter Astronauten braucht.
Private Unternehmen sollen übernehmen
Zunächst braucht die ISS für mindestens zehn weitere Jahre eine dauerhafte Besatzung. Bisher waren jeweils zwei der insgesamt sechs Personen an Bord Amerikaner. Dies soll auch so bleiben - wenngleich die US-Astronauten für den Transport künftig auf die Sojus-Kapseln ihrer russischen Kollegen angewiesen sein werden - bis, so zumindest die Planung, in spätestens fünf Jahren private Unternehmen den «Taxi-Dienst» übernehmen können.
Die Nasa will sich auf andere Projekte konzentrieren: Bis 2025 soll ein Astronaut auf einen Asteroiden geschickt werden, bis Mitte der 2030er Jahre soll ein bemanntes Raumschiff den Mars erreichen. «Dies ist eine sehr dynamische Zeit, und es sieht so aus, als fühlten sich manche mit den Unwägbarkeiten nicht recht wohl», sagt Whitson, die selbst zwei Mal an Bord der ISS war. Wie viele Astronauten die USA künftig noch brauchen, prüft derzeit ein Experten-Komitee des Nationalen Forschungsrates. Der Bericht des Gremiums wird im August erwartet. Abhängig von den Ergebnissen will die Nasa schon bald mit den Ausschreibungen für neue Astronauten-Klassen beginnen.
Fast 45'000 Bewerber
Seit 1959 konnten sich 330 Amerikaner den Berufswunsch Astronaut erfüllen. Die Zahl der über die Jahre eingegangenen Bewerbungen lag nach Angaben der Nasa bei fast 45'000. Mehr als 3500 Personen bemühten sich demnach allein um die neun Plätze, die im Jahr 2009 ausgeschrieben wurden. Die Mehrheit der Ausgewählten sei im Alter zwischen 30 und 50 Jahren gewesen.
Ihnen habe er bereits 2009 deutlich erklärt, dass sie nicht mehr in der Shuttle-Ära fliegen würden, sondern für den Betrieb der ISS vorgesehen seien, sagt Duane Ross, der für die Auswahl zuständig war. Im Klartext heisst das: fünf Jahre Training, einschliesslich Russisch-Kurs, wenige Flüge, halbjährige Aufenthalte im Weltall - und sehr viel Schreibtischarbeit.
«Der beste Job in der Stadt»
Auch der erste Shuttle-Pilot Robert Crippen, der 1969 als Astronaut ausgewählt wurde, musste zwölf Jahre auf seinen ersten Flug warten. Für ihn sei dennoch klar gewesen, dass es «der beste Job in der Stadt» sei, daher habe er die Wartezeit in Kauf genommen, sagt der 73-Jährige, der 1981 mit der Columbia abhob. Er gehe davon aus, dass es noch immer Leute gebe, denen es die Sache wert sei.
Mark Vande Hei ist einer von ihnen. Während für den 2009 von der Nasa rekrutierten Astronauten in einigen Jahren zunächst ein Einsatz auf der ISS auf dem Progamm steht, fiebert er schon jetzt auf die Möglichkeit eines Fluges zu einem Asteroiden hin. «Es ist ein abenteuerlicher, herausfordernder und interessanter Job», sagt Vande Hei. Auch wenn man selbst nicht mitfliege, sei es grossartig, Teil eines Projekts zu sein, das jemand anderen in den Weltall schicke.
Doch was ist mit denen, die bereits geflogen sind? «Als ich mit dem Programm anfing, war mir nicht bewusst, dass ich mir später einmal über eine dritte Karriere Gedanken machen müsste», sagt Andrew Feustel, der im Jahr 2000 nach einer Tätigkeit als Geophysiker rekrutiert wurde und im Mai mit der «Endeavour» zurückkehrte. «Wie will man das noch überbieten», sagt Feustel. «Ich glaube kaum, dass das möglich ist.»
dapd/wid
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