Was eine Wasserstoffbombe so gefährlich macht
Die Explosionen beweisen, dass Nordkoreas Atomprogramm weiter fortgeschritten ist, als Sicherheitsexperten angenommen haben – auch wenn es keine H-Bombe gewesen sein sollte.
Knapp drei Stunden brauchte Nordkorea, um zu bestätigen, worüber die ganze Welt schon spekulierte: Das Erdbeben der Stärke 6,3 mit Epizentrum im Nordosten Nordkoreas sei das Resultat des erfolgreichen Tests einer Wasserstoffbombe. Die Bombe hätten nordkoreanische Wissenschaftler selbst gebaut, und die Zündung sei von Kim Jong-un höchstpersönlich überwacht worden. Die Zentrale Koreanische Nachrichtenagentur (KCNA) veröffentlichte dazu mehrere Beweisbilder auf ihrer Website kpca.kp. Sie zeigen Kim Jong-un, wie er mit dem Finger auf eine Schraube deutet und mit Männern in weissen Kitteln diskutiert und lacht.
Diese undatierten Fotos, die zeigen sollen, dass Nordkoreas Technik weit fortgeschritten ist, haben die internationale Gemeinschaft beinahe noch mehr aufgeschreckt als die Nachricht der Bombe selbst. Bisher war man davon ausgegangen, dass Nordkorea nur primitive Kernspaltungsbomben zu bauen in der Lage ist, die so viel wiegen, dass sie kaum auf Raketen montiert werden können. Eine Wasserstoffbombe hingegen könnte das auf einen Schlag ändern.
Infografik: Funktionsweise einer Wasserstoffbombe

Während bei einer klassischen Atombombe eine Kernspaltung herbeigeführt wird, werden bei der Wasserstoffbombe Atome verschmolzen. Das Ergebnis: Die Explosionskraft ist um ein Vielfaches stärker als bei klassischen Atombomben. Die bisher stärkste überirdische Detonation produzierte die Zar-Wasserstoffbombe der Sowjetunion 1961. Sie wog 27 Tonnen und zerstörte alles in einem Umkreis von 55 Kilometern.
Dass Nordkorea tatsächlich eine Wasserstoffbombe im eigentlichen Sinn gebaut hat, halten Experten allerdings für unwahrscheinlich. Michael Haas vom Zentrum für Sicherheitsstudien an der ETH etwa geht nicht davon aus. Er sagt: «Viel wahrscheinlicher ist, dass sie ihre simplen Kernspaltungsbomben boosten.» Das heisst, sie versehen sie mit den Wasserstoffen Tritium und Deuterium. Diese sogenannten Hybridbomben könnten die Sprengkraft der simplen Kernspaltung verdoppeln. Haas glaubt, dass diese Technologie das 6,3-Erdbeben auslöste.
Raketentests ergeben Sinn
Die deutsche Bundesanstalt für Geowissenschaften geht ebenfalls nicht davon aus, dass eine reine Wasserstoffbombe für die Explosion verantwortlich war. Die deutsche Anstalt hat im 8200 Kilometer von Pyongyang entfernten Bayerischen Wald die Explosion gemessen und das Epizentrum dort verortet, wo Nordkorea bereits in der Vergangenheit Atomtests durchgeführt hat. Anhand der seismografischen Daten vermutet sie eine Explosion von über 100 Kilotonnen. Eine solche Stärke ist mit Hybridbomben zu erreichen.
Nordkorea testet Wasserstoffbombe
Rückblickend ergeben für Sicherheitsexperte Haas auch die vor kurzem durchgeführten Raketentests Nordkoreas mehr Sinn, und sie seien nicht nur als Provokation gegenüber den USA zu verstehen. Zum Beispiel die Raketen, die der Diktator Kim Jong-un vor ein paar Tagen gezielt über Japan hat fliegen lassen. Das Territorium Japans liess Nordkorea bereits 1998 und 2009 überfliegen, die Tests an sich waren also nichts Neues. Auch die Langstreckenraketen, die das Regime Anfang Juli durchführte, sind wohl im selben Zusammenhang zu sehen: Sie sind ein Hinweis darauf, dass Pyongyang damit experimentiert, Hybridbomben auf seinen Raketen zu montieren, die US-Städte zu erreichen in der Lage sind.
Haas sagt: «Egal, ob Wasserstoffbomben oder Hybridbomben, die weltweite Sicherheitsgemeinschaft muss akzeptieren, dass Nordkorea technisch fortschrittlicher ist als angenommen.»
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