Performance «Über Wunden» im FabriktheaterWas Geister in der Golddose machen
Niemand muss hier traurig sein. Dieses Theater kann Verletzungen heilen. Das zeigt auch ein Probenbesuch.

Kann man in einfacher Sprache von ganz schwierigen Prozessen berichten? Von Verletzungen, Ausgrenzungen, sehr bösen Träumen, die einen nicht schlafen lassen? Yanna Rüger, die Gründerin der Theatergruppe Infinite Cooperation und Regisseurin, kann das.
Sie sagt zum Stück «Über Wunden», das im Fabriktheater zu sehen ist: «Manche Wunden heilen schlecht. In solchen Wunden wohnen Geister. Die kommen immer wieder und erschrecken einen. Man bekommt dann zum Teil Albträume. Oder man schämt sich für seinen Körper. Oder man ist immer traurig und weiss nicht, warum.»
Was machen? Hier weiss das Theater Rat. Es zeigt: Wir sollen uns diese Geister anschauen. Und ihnen zuhören. Und uns mit ihnen anfreunden. Dann können die Wunden vielleicht heilen.
Das tönt wie eine Selbsthilfegruppe. Ist aber eine Kunst. «Wir machen Theater», sagt Yanna Rüger, «und denken künstlerisch über solche Sachen nach.» Im Spiel kann die Magie entstehen, dass wir uns getröstet fühlen: das Publikum und auch die fünf Mitwirkenden auf der Bühne.

Angesprochen werden alle. Eine Schauspielerin, die in die Mitte der Bühne tritt, liest vor: «Liebe Menschen, liebe Geister, liebes Material dazwischen», so beginnt das Stück. Der Text ist von der Schriftstellerin Julia Weber. «Sie beschreibt schmerzhafte Themen, streut immer Gold darüber», sagt Yanna Rüger. Auf der Bühne steht auch so eine Art Kugel aus Gold. Von aussen unscheinbar. Aus dem Inneren leuchtend.
Nach «Chronik der Zukunft» ist «Über Wunden» die zweite Arbeit des Kollektivs Infinite Cooperation. Eine theatrale Séance mit Texten, Wesen und Musik soll es werden, «tiefschürfend, verwirrend und erhebend».
Ein Zauber wohnt dieser Anlage inne, muss man sagen. Denn er funktioniert. Auf der Probe sahen wir, wie die Schauspielerin Simone Gisler, die sonst im Theater Hora mitmacht, auf diese Begrüssung reagierte, sie stand auf und tat so, als liesse sie Sterne regnen. Später hüllte sie sich in ein Geisterkostüm und tröstete den Mann, der alleine im Bühnenrund sass. Und ja, auch die Puppe, die auf einmal nicht mehr da war, wurde wiedergefunden.
Fr 25.2., 20 Uhr, bis 12.3., Fabriktheater, Rote Fabrik, Seestr. 395, rotefabrik.ch
Stefan Busz ist Redaktor im Ressort Zürich Leben, seine Spezialgebiete sind Theater und die Alltagskultur. Er hat in Zürich Germanistik, Slavistik und Literaturkritik studiert.
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