Was hat Trumps Richter mit den Kongresswahlen zu tun?
Republikaner sowie Demokraten versuchen, ihre Wähler zu mobilisieren – und beide versuchen die Kontroverse um Brett Kavanaugh für sich zu nutzen.

So war es nicht geplant: Die Republikanische Partei wollte die kommenden Kongresswahlen unter Verweis auf die glänzende Konjunktur bestreiten und so die Unpopularität ihres Präsidenten neutralisieren. Jetzt aber droht der Kampf um die Nominierung des konservativen Richters Brett Kavanaugh für das oberste Bundesgericht diese Kalkulation zunichte zu machen, wenngleich am Donnerstag noch immer unklar war, ob und wann Kavanaughs Beschuldigerin Christine Ford vor dem Senat auftreten wird.
Ihre Anwälte wollen Ford nur unter gewissen Auflagen aussagen lassen, die Bedingungen sollen ausgehandelt werden. Ihre Mandantin wolle nach Washington reisen, aber nur, «wenn die Bedingungen fair sind», so Fords Anwältin Debra Katz am Donnerstag. Wie von den Senatsrepublikanern verlangt schon am kommenden Montag auszusagen, sei daher nicht möglich, doch sei Ford später in der Woche zu einer Einvernahme bereit.
Bang fragt sich die republikanische Elite in der amerikanischen Hauptstadt, ob und wie die sexuellen Anschuldigungen der Professorin Christine Ford gegen Kavanaugh den Wahlausgang beeinflussen könnten. Zu einem Grossteil wird die Antwort vom Verhalten der Kongressrepublikaner und vor allem der Senatoren im Justizausschuss abhängen.
«Einige von uns versuchen fair zu sein»
Die Wahlbeteiligung bei den letzten Midterms 2014 lag lediglich bei 36 Prozent, ein Rekordtief, wie es zuletzt vor 70 Jahren erreicht worden war. Für beide Parteien ist die Mobilisierung ihrer Stammwählerschaft daher ein zentrales Anliegen: Je höher die Wahlbeteiligung entscheidender Wählersegmente – etwa Evangelikale und ältere weisse Männer bei den Republikanern und Jungwähler, Minderheiten und Frauen bei den Demokraten – ausfällt, desto besser sind die Chancen auf Mehrheiten im Kongress.
Zünglein an der Waage bei den Novemberwahlen könnten Frauen aus Suburbia sein, und republikanische Strategen befürchten ihre Abwanderung zu den Demokraten im Gefolge der Kavanaugh-Nominierung. Es hilft nicht, dass elf Männer die republikanische Mehrheit im Justizausschuss des Senats bilden, auch dürfte kaum von Vorteil sein, dass Charles Grassley, der Vorsitzende des Ausschusses, ein scharfzüngiger Mann von 85 Jahren ist, der bereits bei der Affäre um die Senatsbestätigung des Richters Clarence Thomas 1991 dem Justizkomitee angehörte.
Schon das von Grassley bislang artikulierte Ultimatum an Christine Ford – entweder sage sie einem Auftritt vor dem Auschuss am Montag bis spätestens Freitagmorgen zu oder man werde über Kavanaugh abstimmen – könnte das erhebliche Defizit der Partei bei Wählerinnen weiter vergrössern. «Einige von uns versuchen fair zu sein und es richtig zu machen ohne einen Durchmarsch, aber das ist eine Herausforderung», beschrieb Senator Jeff Flake (Arizona), einer der republikanischen Ausschussmitglieder, das Dilemma seiner Partei.
Ein Wahlversprechen Trumps
Das republikanische Ultimatum an Ford kaschiert, dass die Senatoren einen Auftritt der Professorin nicht wirklich wollen. Insider auf dem Kapitolshügel berichten, vor allem gefährdete republikanische Abgeordnete im Repräsentantenhaus befürchteten negative politische Auswirkungen falls Ford erscheine: Unweigerlich würde ihr Auftritt und das ihn begleitende Medienspektakel noch mehr Wählerinnen gegen die Partei aufbringen. Es sei deshalb besser, wenn Ford sich weigere, gegen Richter Kavanaugh auszusagen.
Die Republikanische Partei könnte dann geltend machen, dass Donald Trump sein Wahlversprechen von 2016 eingehalten und zwei konservative oberste Bundesrichter in das Verfassungsgericht gebracht hat. Zur Disposition stünde nach der Bestätigung von Kavanaugh vor allem die seit 1973 höchstrichterlich verbriefte Abtreibungsfreiheit. Sozialkonservative, evangelikale und katholische Wählersegmente könnten dadurch mobilisiert, die befürchtete republikanische Niederlage bei den Midterms vielleicht vermieden werden.
Die Rechte der Frauen Die Demokraten hingegen erhoffen sich vom Wirbel um Kavanaugh eine höhere Wahlbeteiligung von Frauen: Falls der Richter ins Stolpern gerät oder Professor Ford zum Symbol republikanischer Männerwirtschaft wird, will die Partei einen Grossfeldzug führen, finanziert von reichen liberalen Spendern. Neben der Bewahrung der Abtreibungsfreiheit sollen dabei generell die Rechte von Frauen im Zeitalter der #MeToo-Bewegung im Mittelpunkt stehen.
Die nächsten Tag werden zeigen, wer politisch am meisten von der Kontroverse um Brett Kavanaugh und Christine Ford profitiert.
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