Was ist am 4. Juni 1989 in China genau passiert?
Liao Yiwu hat Zeugnisse von einfachen Chinesen gesammelt, die als «Rowdys» ins Gefängnis kamen. Morgen Dienstag tritt er in Zürich auf.

Seit dem 4. Juni 1989 sei er kein Dichter mehr, schreibt Liao Yiwu. Das Gedicht «Massaker», das er auf Tonband gesprochen und gebrüllt hat, brachte ihm vier Jahre Gefängnis ein – Folter, Hunger, Elend, Erniedrigung und den Verlust seiner zivilen Existenz. Die kleine Tochter wandte sich entsetzt ab, als der Vater, ein glatzköpfiges Gespenst, ihr zum ersten Mal unter die Augen kam. Die Frau verliess ihn. Liao Yiwu lebte auf der Strasse, schlug sich als Musiker durch, lernte Mitglieder der chinesischen Gesellschaft kennen, die es offiziell gar nicht gab, «Lumpenproletariat» nach Marx' verächtlichem Ausdruck. Und er schrieb ein Buch darüber, «Fräulein Hallo und der Bauernkaiser».