Was will Musk erreichen?
Seine Privatisierungspläne für Tesla setzen Konzernchef Elon Musk dem Vorwurf der Manipulation zum eigenen Vorteil aus. Doch es gibt durchaus plausible Gründe für sein Vorgehen.

Die erste Aufregung über eine Privatisierung des Autoherstellers wich gestern rasch der Realität. Tesla verlor an der Börse wieder einen Teil der Gewinne, die Elon Musk mit seiner überraschenden Ankündigung provoziert hatte. Ins Zentrum rückte mehr und mehr die Frage, ob er tatsächlich mehrere Dutzend Milliarden Dollar für das verschuldete Unternehmen beschafft hat, um den Rückzug von der Börse zu finanzieren. Wenn nicht, ist die Börsenaufsicht SEC gezwungen, den Verdacht der Kursmanipulation zu untersuchen. Erste Abklärungen hat die SEC gestern Abend eingeleitet.
Einen Sachschaden mussten bereits die Zweifler des unberechenbaren Firmengründers hinnehmen. Die Leerverkäufer von Tesla-Aktien, die das Unternehmen für überbewertet halten und deshalb auf tiefere Kurse setzen, erlitten nach der Ankündigung Verluste von rund 1,5 Milliarden Dollar. Aufs ganze Jahr gesehen, liegen ihre Verluste gemäss den Marktforschern von S3 Analytics inzwischen bei 3 Milliarden Dollar. Exakt auf diese professionellen Kritiker aber hat es Musk abgesehen. «Viele Leute haben ein grosses Interesse daran, das Unternehmen zu attackieren», erklärte er. Kein anderes Unternehmen sei je derart von Leerverkäufern belagert worden wie Tesla. Sie seien nur am Scheitern interessiert, klagte er, nachdem er schon früher Fragen zu den Finanzen des Unternehmens als blöd abgetan hatte.
Wertvoller als Ford und GM
Seine Frustration war zunehmend an wirren Tweets abzulesen. Immerhin schaffte es Tesla im Juni in einem Gewaltakt aller Angestellten, 5000 Exemplare des Model 3 zu produzieren, womit ein erster Schritt hin zur Profitabilität getan war. Analysten rechnen aber damit, dass Tesla im Herbst Kapital in Milliardenhöhe aufnehmen muss, um die Fertigung zu finanzieren.
Musk hatte schon letzten Herbst angedeutet, das Unternehmen nach 15 Jahren von der Börse zu nehmen. Dies würde ihn der Verpflichtung entbinden, die Finanzlage offenzulegen und Produktionsprobleme zu kommentieren. Andererseits kann Tesla als öffentliches Unternehmen leichter Kapital beschaffen und die Expansionspläne finanzieren. Dank der Börse und den enthusiastischen Aktionären ist Tesla heute mit 63 Milliarden Dollar mehr wert als Ford und General Motors. Musk kontrolliert 20 Prozent der Firma, weshalb er mit einem Rückzug von der Börse seine Macht ausbauen und sein Vermögen konsolidieren könnte. Profitieren könnten auch Grossinvestoren wie die chinesische Tencent sowie mehrere US-Investmentfonds. Zufrieden sein dürfte auch der saudische Staatsfonds, nachdem er im Frühling gemäss «Financial Times» einen Anteil von 5 Prozent an Tesla gekauft hat.
«Viele Leute haben grosses Interesse daran, unser Unternehmen zu attackieren.»
Musk hatte seine Pläne letzte Woche dem Verwaltungsrat vorgelegt. Ob er aber auch eine konkrete Finanzierung präsentierte, blieb ungeklärt. Doch genau das ist der springende Punkt. Zwar kann ein Unternehmen nach Ansicht der Börsenaufsicht wichtige Information auf Twitter offenlegen, wie Musk es tat, aber nur, wenn sie wahrheitsgemäss sind. Der Chef steht damit unter Beweisdruck. Er muss glaubhaft zeigen, dass die Finanzierung der Privatisierung gesichert ist und sein Vorstoss nicht dazu diente, die Aktien hochzureden und den Leerverkäufern das Genick zu brechen. Die Finanzierung dürfte kaum von etablierten Banken kommen, hiess es gestern an der Wallstreet. Infrage kommen unter Umständen Staatsfonds in China, Katar oder Norwegen, doch ist unklar, wie gross deren Interesse angesichts der Abschottungspolitik der US-Regierung ist.
Wie viel die Privatisierung kosten wird, hängt davon ab, ob und welche Aktionäre Tesla die Treue halten, wenn sie nach einer Privatisierung nur noch wenig liquide Papiere besitzen und informationsmässig im Dunkeln sitzen. Musk müsste nicht mehr öffentlich Auskunft über die mit mehr als 10 Milliarden Dollar verschuldete Firma geben und keine kritischen Fragen mehr beantworten. Dafür hätte die Konkurrenz mehr Mühe, Einblick in die Technologie von Tesla zu gewinnen. Das könnte Musk einen neuen Vorsprung verschaffen.
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