Wegen Fake-Bewertungen ins Gefängnis
Zum ersten Mal greift die Justiz entschlossen gegen den Verkauf von Onlinebewertungen durch. Das Urteil ist «wegweisend».

«Fantastischer Service», «Traumlage», «authentisch und einzigartig»: Auf Bewertungsportalen überschlagen sich die Superlative. Wer ein Restaurant oder Hotel sucht, informiert sich heutzutage über Portale wie Tripadvisor, Booking.com oder Airbnb. Nicht auf allen Portalen ist jedoch klar, ob die angezeigten Bewertungen echt sind. Während man bei einigen eine Buchung vorweisen muss, um eine Rezension abzugeben, kann man sich bei anderen ohne eine solche einloggen und Kommentare abgeben. Entsprechend floriert der Markt mit gefälschten Bewertungen.
Rund ein Drittel aller Bewertungen auf Onlineportalen sei nicht authentisch, zeigte eine Studie der Fachhochschule im deutschen Worms. Jetzt hat das zum ersten Mal Konsequenzen: Ein Italiener ist wegen falscher Onlinebewertungen zu neun Monaten Haft und einer Geldstrafe von rund 8000 Euro verurteilt worden.
Bahnbrechendes Urteil
Der Mann ist Inhaber der Firma Promo Salento, die gefälschte Bewertungen an Hotels verkauft hatte. Das Strafgericht im italienischen Lecce entschied, dass das Schreiben von gefälschten Rezensionen unter Verwendung einer falschen Identität nach italienischem Recht strafbar ist.
Fake-Bewertungen zu verkaufen, ist zwar in vielen Ländern ein Gesetzesverstoss; dies ist aber einer der ersten Fälle, der zu einer strafrechtlichen Verurteilung führt, schreibt Tripadvisor in einer Mitteilung. Das Unternehmen hatte die Strafverfolgung von Promo Salento als Zivilkläger unterstützt und nennt das Urteil «wegweisend für das Internet».
Über 60 Verkäufer gestoppt
«Gefälschte Rezensionen zu schreiben, war schon immer Betrug, aber das ist das erste Mal, dass jemand deswegen ins Gefängnis kommt», sagte Brad Young, Leiter der Rechtsabteilung von Tripadvisor. Das Unternehmen habe seit 2015 über 60 verschiedene Firmen daran gehindert, gefälschte Bewertungen zu verkaufen. Alleine sei dies schwierig, darum sei man auf die Zusammenarbeit mit den Behörden angewiesen.
Nicht immer werden Fake-Reviews eingekauft. Einige Unternehmen schreiben sich positive Bewertungen selbst oder lassen sie schreiben – teilweise von extern beauftragten Agenturen. Gewisse Portale versuchen, dagegen vorzugehen. Einige lassen Beiträge von Algorithmen oder Moderatoren prüfen. Andere lassen nur verifizierte Käufer Bewertungen schreiben.
Auch das kann allerdings missbraucht werden. Eine Kundin berichtete dem britischen «Telegraph», wie sie über Booking.com ein Hotel in Marokko gebucht hatte. Später sah sie, dass in ihrem Namen eine Bewertung geschrieben worden war – obwohl man auf Booking.com nur eine Rezension schreiben kann, wenn man selbst die Buchung vorgenommen hat.
Später stellte sich heraus, dass ein Manager des Hotels die Buchungsbestätigung der Kundin fotografiert und sich mit ihren Daten eingeloggt hatte, um eine Bewertung zu schreiben. Eine Sprecherin von Booking.com bestätigte den Fall und teilte mit, dass Untersuchungen eingeleitet wurden und die Bewertung entfernt worden sei.
Fake-Restaurant mit Fake-Bewertungen
Ein britischer Journalist hatte letztes Jahr sogar ein komplettes Restaurant erfunden und auf Tripadvisor gestellt – und dafür die besten Bewertungen erhalten. Früher habe er selbst gefälschte Rezensionen über Restaurants geschrieben, die von Tripadvisor veröffentlicht wurden, sagte Butler dem Magazin «Vice». «Restaurantinhaber zahlten mir zehn Pfund, und ich schrieb ihnen eine gute Kritik, ohne jemals dort gegessen zu haben.»
Irgendwann habe er sich dann gefragt, ob in «Zeiten der allgegenwärtigen Fehlinformation» sogar ein komplett erfundenes Restaurant möglich sei. Er stellte Fotos seiner Gartenhütte sowie Bilder von vermeintlichen Gerichten ins Netz – und schaffte es, dank gefälschter Reviews seiner Freunde, mit seinem «Shed of Dulwich» auf Platz 156 aller verzeichneten Londoner Restaurants. Er erhielt zahlreiche Reservierungsanfragen; das Ganze verselbstständigte sich so weit, dass sein Restaurant auf Tripadvisor zum bestbewerteten Restaurant Londons gekürt wurde.
Tripadvisor erklärte daraufhin in der «Times», das Bewertungsportal habe «The Shed of Dulwich» schon länger auf dem «Radar» gehabt, früher oder später wäre der Eintrag also gelöscht worden. Seine Vertrauenswürdigkeit sieht Tripadvisor nicht beschädigt: Betrüger seien sonst nur daran interessiert, die Bewertungen echter Firmen zu manipulieren.
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