Weissrussland droht der Staatsbankrott
Die letzte Diktatur Europas hat den Internationalen Währungsfonds um einen Kredit ersucht. Das Land steckt in der schwersten Krise seit dem Untergang der Sowjetunion.

Weissrussland hat einen neuen Milliardenkredit beim Internationalen Währungsfonds (IWF) beantragt. Dem seit mehr als 16 Jahren vom autokratischen Staatspräsidenten Alexander Lukaschenko geführten Land droht der Staatsbankrott.
Die Regierung und die Nationalbank hätten den IWF um eine Ausweitung des Stabilisierungskredites gebeten, erklärte Ministerpräsident Michail Miasnikowitsch in Minsk. Etwa 3,5 bis 8 Milliarden Dollar seien nötig, um den weissrussischen Rubel sowie die Wirtschaft zu stabilisieren.
Eine Delegation des IWF will nach Angaben von Miasnikowitsch bis zum 14. Juni in Minsk prüfen, ob Weissrussland die im Zusammenhang mit dem zuletzt gewährten Kredit gemachten Empfehlungen umgesetzt hat. Der IWF hatte noch 2009/2010 einen Kredit von 3,46 Milliarden Dollar gewährt.
International isoliert
Weissrusslands Verhältnis zu EU und USA hatte sich nach den umstrittenen Präsidentenwahlen im Dezember und Übergriffen auf die Opposition deutlich verschlechtert. Die beiden Wirtschaftsmächte verhängten Sanktionen.
Die neuerliche Anfrage an den IWF zeigt, wie sehr sich die Wirtschaftskrise in Weissrussland in den vergangenen Monaten verschärft hat. Noch vor einigen Wochen hatte Präsident Lukaschenko gesagt, er wolle den Westen keinesfalls um Hilfe in der Finanzkrise bitten.
Auch Russland abgewandt
Doch selbst Russland ist kein zuverlässiger Geber mehr, denn seit der umstrittenen Präsidentenwahl haben sich auch die Beziehungen zum bisherigen Partnerland verschlechtert. Moskau verweigerte weitere direkte Hilfen an Minsk. Eine Entscheidung über einen Milliardenkredit der eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft, zu der Russland zählt, soll am Samstag getroffen werden.
Moskau fordert jedoch als Bedingung ein striktes Privatisierungsprogramm. Der als «letzter Diktator Europas» kritisierte Lukaschenko hatte einen «räuberischen Ausverkauf seines Landes» jedoch abgelehnt. Etwa 70 Prozent der Unternehmen sind in Staatshand.
Der schwedische Aussenminister Carl Bildt forderte die autoritäre Führung der Ex-Sowjetrepublik zu politischen Reformen auf. «Andernfalls gibt es keine Hilfe», schrieb Bildt in dem Kurznachrichtendienst Twitter.
Währung drastisch abgewertet
In der vergangenen Woche hatte die Nationalbank den Rubel im Verhältnis zum Dollar um die Hälfte abgewertet und damit landesweit Panik ausgelöst. Die Bevölkerung beeilte sich, das an Wert verlierende Geld in Waren anzulegen und stand tagelang vor Wechselstuben Schlange, um ihre Rubel gegen Dollar und Euro einzutauschen.
Mit einer Kommandowirtschaft reguliert die Regierung die Preise für Hauptnahrungsmittel. Präsident Lukaschenko hat den Medien seines Landes verboten, über die Krise zu berichten.
Moskauer Medien berichteten, dass immer mehr Weissrussen nach Massenentlassungen aus den Staatsbetrieben in Russland nach Arbeit suchen. Täglich kämen auf dem Belorussischen Bahnhof in Moskau mehr als 6000 Weissrussen an, hiess es. Nach Einschätzung des früheren Leiters der Nationalbank, Stanislaw Bogdankewich, ist das Kreditgesuch beim IWF «ein SOS-Signal der weissrussischen Regierung, die die Kontrolle über die Situation verliert».
dapd/kpn, jak
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