«Weniger Stempelaufwand würde die Staus an der Grenze reduzieren»
Wer nur für kleine Beträge einkauft, soll die deutsche Mehrwertsteuer künftig nicht mehr erstattet bekommen. Kathy Riklin hat die Einführung einer Bagatellgrenze persönlich angeregt.
Dem Schweizer Detailhandel gehen durch den Einkaufstourismus in Deutschland jährlich vier Milliarden Franken verloren. 30'000 Ausfuhrbescheinigungen stempeln deutsche Zöllner nach Angaben des Migros Genossenschaftsbundes täglich ab. Die Einführung einer Bagatellgrenze für die Mehrwertsteuerrückerstattung soll Coop, Migros, Manor und Vögele jetzt etwas Luft verschaffen. CVP-Nationalrätin Kathy Riklin sagte gegenüber Redaktion Tamedia: «Ich habe lange mit den Wirtschaftsvertretern der Migros gesprochen. Die Einführung einer Bagatellgrenze für die Mehrwertsteuerrückerstattung habe ich persönlich angeregt.»
Gemäss einem Bericht der «SonntagsZeitung» setzt sich der Schweizer Botschafter in Berlin, Tim Guldimann, bereits für die Einführung einer Bagatellgrenze ein. Zusammen mit der deutschen Zoll- und Finanzgewerkschaft BDZ weibelt Guldimann beim deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble für eine Reduzierung des Stempelaufwands an den Grenzen. Schweizer Einkäufer könnten sich die Mehrwertsteuer dann erst ab einem bestimmten Einkaufsbetrag zurückerstatten lassen. Im Gespräch ist ein Mindestbetrag zwischen 100 und 250 Euro.
Termin bei Schäuble
Auch die Delegation von Schweizer Parlamentariern, die letzte Woche bei Schäuble vorsprach, hat sich das Thema zu eigen gemacht. Beim deutschen Finanzminister stiess die Delegation unter der Leitung von Riklin auf offene Ohren. Die Einschränkung der Mehrwertsteuerrückerstattung wäre eine Win-win-Situation in den strapazierten deutsch-schweizerischen Beziehungen. Die Deutschen hätten weniger Aufwand und höhere Steuereinnahmen, der Schweizer Einzelhandel würde wieder attraktiver.
Deutsche Zollbeamte sind es schon lange leid, zu Abstemplern der Ausfuhrbescheinigungen degradiert zu werden. An den Grenzübergängen von Lörrach bis Konstanz stauen sich am Samstag die Autos mit Schweizer Kennzeichnen. Vollgeladen mit Lebensmitteln, Alkohol, Hygieneartikeln und neuester Mode. Knapp 160 Zöllner sind gemäss der «Sonntagszeitung» allein mit Abstempeln beschäftigt. Für die Deutschen ist die Rückerstattung mit einer enormen Bürokratie verbunden.
Verkehr reduzieren
«Die Verringerung des Stempelaufwands würde das Verkehrsaufkommen und die Staus an der Grenze erheblich reduzieren» sagte Riklin gegenüber Redaktion Tamedia. Sie ist sich allerdings darüber im Klaren, dass die angestrebte Lösung die Umsatzeinbussen des Schweizer Einzelhandels nicht aus der Welt schaffen wird.
«Die Preise müssen runter», sagt Riklin. Dazu seien auch Änderungen des Kartellrechts erforderlich. Schliesslich könne es nicht angehen, dass internationale Konzerne wie Beiersdorf sich weigerten, ihre Produkte in der Schweiz zum selben Preis zu verkaufen wie in der EU.
Migros und Coop wollen sich trotz ihres Lobbyings gegen den Einkaufstourismus zu den jetzt verhandelten Massnahmen nicht äussern. Die von den beiden Einzelhändlern angeführte Interessengemeinschaft Detailhandel Schweiz erklärt, sie habe die Einführung einer Bagatellgrenze «weder initiiert noch aktiv verfolgt», begrüsse es aber, dass die Politik sich der Problematik des Einkaufstourismus annehme. Die Ursachen des Problems sieht die IG DHS allerdings nicht nur im «Zollregime», sondern in Wettbewerbsverzerrungen wie den längeren Ladenöffnungszeiten und den besseren Parkmöglichkeiten in Deutschland.
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