Wenn die Suchmaschine die Diagnose stellt
Zwei Wissenschaftler von Microsoft wollen Krebskranke anhand von deren Suchverhalten im Internet erkennen können – und zwar bevor die Nutzer selbst wissen, dass sie krank sind.

Appetitmangel , Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall: Studien von Krankenkassen und Gesundheitsportalen belegen, dass sich bis zu 80 Prozent der Internetnutzer im Netz auch über Gesundheitsthemen informieren.
Aufgrund ihres Suchverhaltens und der technischen Möglichkeiten könnten «Gesundheitssurfer» in Zukunft sogar eine Warnung auf ihrem Computer erhalten. Aufgrund der oben aufgeführten Suchbegriffe könnte es demnach heissen: Verdacht auf Krebs der Bauchspeicheldrüse!
In einem Artikel in der «Süddeutschen» verkündeten zwei Wissenschaftler von Microsoft, dass sie fähig seien, Krankheiten von Surfern anhand deren Suchverhaltens erkennen zu können – und zwar bevor die Nutzer selbst von ihrer Erkrankung wüssten. Sie hätten aufgezeigt, dass sie Bauchspeicheldrüsenkrebs schon Monate vor der Arztdiagnose erkennen könnten, indem sie Anfragen an Microsofts Internet-Suchmaschine Bing auswerteten.
Kaum ein Fehlalarm
Zwar gelang ihnen lediglich in fünf bis 15 Prozent der Fälle die Früherkennung. Dafür ist die Zahl der Fehlalarme bemerkenswert: Von 10‘000 Nutzern wurde weniger als einer fälschlicherweise als krebskrank eingestuft. Insgesamt flossen in die Analyse die Daten von mehr als neun Millionen anonymisierten Internetnutzern ein.
Unter ihnen identifizierten die Wissenschaftler zunächst Menschen, die in ihrer Suchanfrage von einer Krebsdiagnose berichteten. Anschliessend werteten sie aus, nach welchen Symptomen diese Menschen in den vorangegangenen Monaten gesucht hatten. Danach glichen Horvitz und White die Suchbegriffe mit den Anfragen anderer Nutzer ab und konnten so zum Beispiel jene Menschen herausfiltern, die aus beruflichem Interesse das Netz nach medizinischen Fakten durchstöbern, aber höchstwahrscheinlich nicht selbst betroffen sind.
Anstoss zur Diskussion
Der Algorithmus musste sich allerdings nicht unter realen Bedingungen bewähren. Horvitz und White kündigten zwar an, dass sie gespannt darauf seien, die Analyse auf andere Krankheiten anzuwenden, aber Microsoft stellte im hauseigenen Blog klar, in naher Zukunft seinen Kunden keinen Krebsalarm auf den Bildschirm zu schicken. Man habe vorerst die Machbarkeit zeigen und damit eine Diskussion unter Ärzten anstossen wollen.
Die Microsoft-Mitarbeiter erwähnen, dass ein webbasiertes Screening einfach und kostengünstig sei, sie räumen allerdings ein, dass die psychologischen Auswirkungen solcher Warnungen nicht geklärt seien. Ausserdem: Gerade bei sehr aggressiven Erkrankungen leben die Patienten durch die frühe Diagnose nicht automatisch länger. Sie wissen nur eher über ihr Schicksal Bescheid.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch