Die Grünen sind bereit für einen Präsidenten
Die Partei braucht eine neue Chefin oder einen neuen Chef. Im Gespräch sind mehrere Frauen, aber auch Männer.
Im nächsten April ist das Präsidium der derzeit erfolgreichsten Partei der Schweiz zu besetzen. Regula Rytz, Präsidentin der Grünen, gibt ihr Amt auf diesen Zeitpunkt hin ab, wie die «SonntagsZeitung» gestern meldete. Nicht, weil es ihr verleidet wäre, sondern weil ihre Amtszeit auf acht Jahre beschränkt ist. Rytz und Adèle Thorens wurden 2012 als Co-Präsidentinnen an die Spitze der Grünen gewählt, seit 2016 steht ihnen Rytz allein vor.
«Es wäre schön, wenn wir wieder eine Frau als Präsidentin hätten», sagt die Basler Nationalrätin Sibel Arslan. Zwingend sei es aus ihrer Sicht aber nicht. Nicht nur die Grünen, auch andere Parteien stünden in der Pflicht, auf ein ausgewogenes Verhältnis der Geschlechter zu achten.
Die Genfer Nationalrätin Lisa Mazzone sagt, ein Mann als Präsident sei nicht ausgeschlossen. Schliesslich sind den Grünen bisher gleich viele Frauen wie Männer vorgestanden, die Gleichstellung sei Teil deren Geschichte. Die Grünen stellten 1985 mit Monica Zingg gar die erste Parteipräsidentin der Schweiz. Die Aargauer Nationalrätin Irène Kälin sähe am liebsten ein Co-Präsidium – Mann und Frau, Westschweiz und Deutschschweiz. Aber auch sie könnte sich mit einem Mann einverstanden erklären.
Aber: Falls ein Mann Parteipräsident würde, so sagen Grüne wie Lisa Mazzone, sei es zwingend, dass der Bundeshausfraktion eine Frau vorstünde. Für sie ist es unvorstellbar, dass wie etwa bei der SP die Partei und die Fraktion von einem Mann präsidiert werden. «Die SP hat in diesem Frauenjahr auch deshalb nicht profitiert, weil an der Spitze von Partei und Fraktion ein Mann steht», sagt Nationalrat Balthasar Glättli.
Zurzeit steht Glättli der Fraktion vor. Die Grünen werden im nächsten Frühling aber nicht nur Gesamterneuerungswahlen für das Parteipräsidium durchführen, sondern danach auch für die Fraktion. Glättli ist von den angefragten Parlamentsmitgliedern der Einzige, der offen sagt, dass ihn das Parteipräsidium reizt: «Ich kann mir das Amt als Präsident durchaus vorstellen.» Würde er gewählt, wäre das Fraktionspräsidium für eine Frau frei.
Männer in der Minderheit
Die Grünen sind bei der Frauenförderung anderen Parteien einen Schritt voraus. Während diese noch mehr oder weniger ernsthaft versuchen, den Anteil der Frauen an jenen der Männer anzugleichen, müssen die Grünen bereits darauf achten, dass die Männer noch dieselben Chancen haben wie die Frauen: Von den 28 Mitgliedern der neu gewählten Fraktion im Nationalrat sind 17 Frauen und 11 Männer. Damit ist der Frauenanteil mit 61 Prozent praktisch gleich hoch wie in der SP mit 62 Prozent.

Nach den Gewinnen der vergangenen Wahlen – die Fraktion wächst von 11 auf 28 Sitze – ist die Auswahl fürs Präsidium gross: Von den Bisherigen kommen etwa Lisa Mazzone, Aline Trede oder die Zürcher Bastien Girod oder eben Balthasar Glättli infrage. Genannt wird auch Vizepräsidentin Florence Brenzikofer, die für Maya Graf nachrücken könnte, sollte diese Ständerätin werden.
Es wäre auch denkbar, dass eine der Neuen auf Rytz folgen würde – schliesslich war auch sie erst wenige Monate Nationalrätin, als sie Co-Präsidentin wurde. Viel Erfahrung bringen etwa die frühere Zuger Regierungsrätin Manuela Weichelt-Picard mit oder Marionna Schlatter-Schmid, die Präsidentin der Zürcher Grünen. Lisa Mazzone und Bastien Girod wollen sich noch nicht dazu äussern, ob sie kandidieren – schliessen es aber auch nicht aus. Weichelt-Picard, die als erste Frau den Kanton Zug in Bern vertreten wird, sagt, sie benötige nach dem intensiven Wahlkampf Bedenkzeit.
Geschlecht ist wichtiger
Das Geschlecht ist allerdings nicht das einzige Kriterium bei Rytz' Nachfolge. Gerade die Grünen, die in der Romandie stark zulegen konnten, müssen auch auf einen Ausgleich zwischen den Sprachregionen bedacht sein. Bereits heute kommen von den sechs Mitgliedern des Vizepräsidiums drei aus der Romandie und drei aus der Deutschschweiz. Drei sind Frauen und drei Männer. Am Ende, wenn sonst alles stimme, so sagt Glättli, würden sie aber das Geschlecht stärker gewichten als die Sprachregion. Zwingend sei zudem, dass es jemand aus dem National- oder auch Ständerat sei.
Im Dezember wird der Vorstand der Grünen eine Findungskommission einsetzen. Diese wird Nominationen aus den Kantonen sowie Direktbewerbungen entgegennehmen. Aus den Vorschlägen der Kommission werden die Delegierten am 28. März das Präsidium bestellen.
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