Lange galt die SP Schweiz als Antithese zum sozialdemokratischen Elend. Während die Schwesterparteien in Deutschland oder Frankreich implodierten, hatte die SP Schweiz einen guten Lauf. Entsprechend hoffnungsfroh erwartete man die bevorstehenden Wahlen. Das vermeintliche Erfolgsrezept: eine pointiert linke Politik, die bevorzugt gewerkschaftliche Positionen verficht. Sozialliberale Ideen gelten bei der Parteielite als schädlich, ihre Fürsprecher als verdächtig.
Umso brutaler muss nun das Erwachen sein. Der Parteiwechsel der langjährigen Zürcher SP-Nationalrätin und amtierenden Schulpräsidentin Chantal Galladé zu den Grünliberalen ist der zweite Hammerschlag für die Partei innert weniger Tage. Der erste waren die nationalen Umfrageergebnisse von letzter Woche, die der SP Verluste prognostizieren.
Europapolitik verlieh der SP Profil
Man weiss, dass der durchschnittliche SP-Wähler weniger links steht als der durchschnittliche SP-Politiker. Dass viele Menschen trotz Differenzen und Irritationen SP wählen, hat einerseits mit Treue zu tun, andererseits mit dem Mangel an Alternativen. Die Partei nahm diese Stimmen gern. Doch es waren gefährliche Stimmen: Es braucht wenig, und sie sind weg.
Dieses Wenige ist nun da: Gerade für liberale SP-Wähler war die europapolitische Verlässlichkeit der Partei zentral. Die SP war die Schweizer Europapartei schlechthin. Das verlieh ihr Profil und Ausstrahlung. Umso fataler wirkt auf moderate SP-Wähler das Nein der Partei zum Rahmenvertrag mit der EU. Dass manche Exponenten sich im Populisten-Duktus vergreifen, macht die Sache noch schlimmer.

Gleichzeitig ist eine Alternative aufgetaucht. Die Grünliberalen sind im Begriff, sich neu zu erfinden: weg von der Technokratie, hin zur europapolitischen Offenheit. Will auch die SP zu ihrer einstigen Offenheit zurückfinden, folgt sie am besten ihrem weisen Alt-Präsidenten Helmut Hubacher. Von ihm stammt das Bonmot, ein grosser Vogel wie die SP brauche zwei Flügel, den linken wie den sozialliberalen. Sonst komme es zum Absturz.
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Wer bloss einen Flügel hat, stürzt ab
Der Parteiwechsel von Chantal Galladé stellt das vermeintliche Erfolgsrezept der SP infrage: den pointiert linken Kurs.