Wer den Arzt frei wählen will, muss mehr zahlen
Zukünftig hat man entweder die Wahl, sich bei einem Managed-Care-Modell versichern zu lassen oder einen höheren Selbstbehalt zu akzeptieren. So will es das Parlament. Dagegen votierte vor allem die SP.

Nach dem Ständerat hat heute auch der Nationalrat zugestimmt, den Selbstbehalt für jene Versicherten von 10 auf 15 Prozent anzuheben, die sich nicht bei einem Managed-Care-Modell versichern lassen.
Bei solchen Versicherungsmodellen schliessen sich Leistungserbringer - etwa Hausärzte, Spezialärzte und Physiotherapeuten - zum Zweck der Koordination der medizinischen Versorgung zusammen. Die Gesundheitspolitiker erhoffen sich von diesen Modellen, bei denen die freie Arztwahl eingeschränkt wird, geringere Kosten bei einer höheren Behandlungsqualität.
Umstritten war in den eidgenössischen Räten vor allem, wie die Menschen überzeugt werden sollen, in ein solches Modell zu wechseln: Sollen sie mit positiven Anreizen - einem tieferen Selbstbehalt - in solche Versicherungsmodelle gelockt werden? Oder sollen die Menschen unter Androhung eines höheren Selbstbehalts in Managed-Care-Verträge getrieben werden?
Ausgewogene Reform für die Ratsrechte
Heute sind bloss 10 Prozent aller Versicherten einem integrierten Versorgungsnetz angeschlossen. Ziel von Gesundheitsminister Didier Burkhalter ist ein Anteil von 60 Prozent.
Die Frage des Anreizmodells war derart umstritten, dass Vertreter beider Räte nach drei Verhandlungsrunden in die Einigungskonferenz mussten, um eine Lösung zu finden. Der Nationalrat stimmte deren Vorschlägen am Donnerstag nun mit 111 zu 39 Stimmen bei 10 Enthaltungen zu. Der Ständerat segnete die Vorlage bereits letzte Woche ab. Sie ist nun bereit für die Schlussabstimmung.
Für die Reform sprachen sich die FDP, die CVP sowie die SVP aus. Die Richtung der Vorlage stimme, sagte etwa SVP-Gesundheitspolitiker Toni Bortoluzzi (ZH). Allen Beteiligten - den Versicherungen, den Ärzten und den Patienten - werde etwas abverlangt. Gleichzeitig würden die Prämien stabilisiert.
«Substanzlose Prestigevorlage» für die Linke
Diese Stabilisierung ist aus Sicht der SP nur möglich, weil gleichzeitig die Patienten über den höheren Selbstbehalt zur Kasse gebeten werden. Vollends aus dem Lot geraten ist die Vorlage nach Ansicht der meisten SP-Vertreter, weil die Räte darauf verzichteten, den Krankenkassen vorzuschreiben, in der ganzen Schweiz mindestens ein Managed-Care-Modell anzubieten.
Nach den Beschlüssen der Räte haben die Versicherer drei Jahre Zeit, Angebote aufzubauen. Während dieser Zeit sollen die neuen Ansätze für den Selbstbehalt noch nicht gelten. Erst wenn sich dann zeigen sollte, dass es nicht schweizweit flächendeckend solche Angebote gibt, könnte der Bundesrat eine Angebotspflicht verhängen.
Ohne dieses Obligatorium sei die Gesetzesrevision eine «substanzlose Prestigevorlage», die bloss die Patienten mehr belaste, kritisierte SP-Gesundheitspolitikerin Jacqueline Fehr (ZH).
Referendum wahrscheinlich
Nachdem die Vorlagen zur Pflegefinanzierung und zur Spitalfinanzierung zu einer Mehrbelastung der Versicherten geführt hätten, könne eine zusätzliche Belastung der Patienten nicht hingenommen werden. Das Volk müsse nun wohl entscheiden, sagte sie mit Blick auf das als sicher geltende Referendum aus Ärztekreisen.
CVP-Gesundheitspolitikerin Ruth Humbel (AG) verteidigte im Namen der Kommission die Reform. Sie betonte etwa, dass die Vorlage für Chronischkranke eine Entlastung bringe. Dafür sorgt die Bestimmung, dass Versicherte, die zu Managed Care wechseln, über ihre im Versicherungsvertrag festgelegte Jahresfranchise hinaus nur noch einen Selbstbehalt von total 500 Franken statt 700 Franken bezahlen sollen.
Ausserdem beinhalte die Vorlage auch Anpassungen beim Risikoausgleich, mit denen Bundesrat und Parlament die Jagd der Krankenkassen nach guten Risiken erschweren soll. Dieser neue Risikoausgleich sei ohne diese Vorlage nicht so schnell wieder zu haben, sagte sie an die Adresse der Linken, die bei einer Ablehnung von Managed Care durch das Volk, den Risikoausgleich separat durchsetzen möchte.
SDA/bru
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