Werber haben «.ch» schon abgeschrieben
Die Gratiszeitung «.ch» versucht einen Neuanfang – ohne Gründer Sacha Wigdorovits, ohne Hauszustellung und mit einem neuen Zeitungskonzept. Kann das aufgehen? Die Werbebranche bleibt skeptisch.
«Das alles tönt nach einem Not-Szenario, das im Markt weder bei den Lesern noch bei den Inserenten eine Chance haben kann», urteilt Andy Lehmann, CEO der Aegis Media Group Switzerland. Und auch Christof Kaufmann, CEO der Mediaagentur OMD, glaubt nicht mehr an den Erfolg des Blatts: «.ch hat von Anfang an gekränkelt. Das Blatt hat es nie geschafft, das Vertrauen der Werbewirtschaft zu gewinnen.»
In der Tat: Die Lancierung des Umsonstblattes stand von Anfang an unter einem schlechten Stern. Kaum hatte Gründer Sacha Wigdorovits die Lancierung der Zeitung angekündigt, konterte das Medienhaus Tamedia, zu dem auch Newsnetz gehört, mit der Lancierung des Konkurrenzblatts «News». Die Folge: Die Leser hielten angesichts der Gratiszeitungsflut dem Branchenprimus «20 Minuten» die Treue, den Neulingen «.ch» und «News» gelang es nie, an die Honigtöpfe im Werbemarkt zu gelangen.
Wigdorovits Idee, eine Gratiszeitung direkt per Hauszustellung an die Leser zu bringen, leuchtete in der Theorie ein. In der Realität erwies sie sich jedoch als teures Unterfangen, das nie richtig funktionierte. Schon wenige Tage nach der Lancierung verschwanden die Ständer in den Städten und sorgten schon bald für Zeitungsmüll vor der Haustüre. Auch mit der nachfolgenden, ungefragten Zustellung der Zeitung in die Briefkästen zog die Gratiszeitung den Groll vieler Hauseigentümer auf sich. «.ch» gelang es nie, eine Stammleserschaft zu finden: Bei einer Auflage bis zu 500'000 Exemplaren, die zur Hälfte über Boxen und Kolporteure verteilt wurden, erreicht das Blatt heute bloss 204'000 Leser. «Warum nun eine um 130'000 Exemplare kleinere Auflage und eine Konzentration auf die Strasse eine massive Erhöhung der Leserschaft bringen soll, ist mir schleierhaft», findet Andy Lehmann.
Auch der Rückzug von Sacha Wigdorovits, dem Initianten und Gründer der Zeitung, wird kaum das Vertrauen der Werbewirtschaft in das Blatt herstellen: «Wigdorovits war das Aushängeschild von ‹.ch›. Dass er nun aus dem Verlag ausscheidet, zeugt von einem schlimmen Krankheitszustand», ist Kaufmann überzeugt. Er kann sich immerhin vorstellen, dass das Blatt von einem grossen Verlagshaus aufgekauft werden könnte. Denn wie die Investoren von «.ch »vermutet auch Kaufmann, dass es neben «20 Minuten» und «Blick am Abend» grundsätzlich Platz hat für eine weitere Gratiszeitung. Dass diesen Platz «.ch» einnehmen wird, hält Kaufmann jedoch für höchst unwahrscheinlich.
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