Werden E-Autos weiterhin geschont?
E-Auto-Fahrer sollen bald bis zu 500 Franken pro Jahr für die Benutzung der Strassen bezahlen. Wann diese E-Abgabe kommt, ist aber unklar.

Was ist wichtiger: die E-Mobilität fördern oder alle Autofahrer gleich behandeln? Die Frage stellt sich, spätestens seit das Volk vor zwei Jahren den Nationalstrassen- und Agglomerations-Fonds (NAF) gutgeheissen hat. Und damit auch die Einführung einer E-Abgabe.
Heute müssen E-Autos für die Benutzung der Strassen nichts bezahlen ausser der Autobahnvignette – anders als Benzin- und Dieselautos, die ihren Beitrag zusätzlich via Mineralölsteuer und deren Zuschlag im Benzinpreis leisten. Damit will der Bund die Attraktivität der E-Mobilität steigern. Dieses Privileg ist aber zeitlich befristet. Die E-Abgabe kommt 2022, zwei Jahre später als ursprünglich geplant; so hatte es Jürg Röthlisberger, der Direktor des Bundesamts für Strassen (Astra), im letzten November angekündigt.
Astra nennt Jahreszahl, Bundesrat nicht
Der Gesamtbundesrat jedoch will sich nicht auf ein konkretes Datum festlegen. In seiner Antwort auf eine Interpellation von Nationalrat Jean-Luc Addor (SVP) spricht er lediglich von einem «späteren Zeitpunkt» als 2020. Zeigt sich hier der Einfluss der neuen Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga, deren Partei, die SP, eine «rasche Elektrifizierung der Mobilität auf der Strasse» fordert? Die Antwort aus ihrem Departement, dem Uvek: Nein, Sommaruga habe sich zum Geschäft noch nicht geäussert.
Ist also Astra-Direktor Röthlisberger vorgeprescht? Das Astra bestreitet das: «Die Entscheidung war und ist eine politische.» Klar sei, dass die Einführung nach 2020 erfolgen werde. Das aber dauere nicht mehr lange, daher sei das Astra an der Arbeit, «damit das Geschäft von unserer Seite so weit wie nötig vorbereitet ist, wenn die politische Entscheidung ansteht». Der Bundesrat werde dem Parlament zu gegebenem Zeitpunkt die Ausführungsbestimmungen auf Gesetzesstufe vorlegen.
Die Abgabe soll sich laut Astra nach dem Gewicht des Autos richten und etwa 500 Franken für zwei Tonnen betragen. Ein Tesla-Fahrer würde so mit seinem schweren Gerät auf den vollen Betrag kommen, ein Fahrer eines Mittelklassewagens auf etwas mehr als die Hälfte.
Anteil der E-Autos bei den Neuwagen steigern
Sicher ist: Der Bund strebt zusammen mit den Kantonen, Gemeinden, der Autobranche und weiteren Akteuren an, dass bis 2022 15 Prozent der Neuwagen E-Autos sind. Ob das gelingt, ist aber nicht sicher. Letztes Jahr wurden 9500 neue Steckerfahrzeuge, also Elektroautos und Plug-in-Hybride, immatrikuliert, das bei 300'000 Neuwagen – das sind erst 3 Prozent. Diese vergleichsweise magere Zwischenbilanz ist auch der Grund, warum der Bundesrat keine Jahreszahl nennt: «Die Abgabe soll erst eingeführt werden, wenn die Marktdurchdringung mit solchen Fahrzeugen markant zugenommen hat.» Finanziell hält der Bundesrat dieses Zuwarten für verantwortbar, weil das Geld im NAF für die Strasseninfrastruktur bis 2023 ausreicht, bis dann also auch die theoretisch mögliche Benzinpreiserhöhung um 4 Rappen pro Liter nicht nötig ist.
Auto-Schweiz stellt Forderung
Die Autobranche steht hinter dem Plan des Bundesrats. «Als Anschubunterstützung für die Elektromobilität ist der derzeitige Verzicht auf die E-Auto-Abgabe in Ordnung», sagt Andreas Burgener, Direktor von Auto-Schweiz. Eine pauschale E-Auto-Abgabe würde seiner Ansicht nach «kontraproduktiv wirken». Die Autobranche will den Absatz der E-Autos nicht zuletzt deshalb fördern, weil ab 2020 verschärfte Klimaziele gelten: Ab dann darf ein Fahrzeug durchschnittlich nur noch 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstossen; letztes Jahr waren es rund 138 Gramm.
Ohne E-Fahrzeuge, die als Null-Emissionsfahrzeuge gelten, kann die Branche diese Vorgabe eigenen Berechnungen gemäss nicht erreichen: Es drohen millionenschwere Bussenzahlungen. Vor diesem Hintergrund fordert Auto-Schweiz: Der Bund darf die E-Abgabe erst einführen, wenn die Autoimporteure unter anderem dank des gesteigerten Verkaufs von E-Autos den verschärften CO2-Grenzwert von 95 Gramm pro Kilometer sanktionsfrei einhalten können.
E-Auto-Lobby offen für Einführung nach 2022
Der Elektromobilitätsverband Swiss E-Mobility seinerseits verlangt, dass der Bund die E-Abgabe frühestens bei einem Neuwagenanteil von 15 Prozent in Kraft setzen dürfe. Sollte dieses Ziel bis 2022 unerreicht bleiben und der Ertrag aus dem Mineralölsteuerzuschlag im NAF-Topf mehr oder weniger stabil bleiben, kann sich Präsident und GLP-Chef Jürg Grossen «gut vorstellen, dass die Einführung der E-Abgabe weiter nach hinten geschoben wird». Noch weiter geht die SP: In einem Positionspapier schlägt die Partei von Verkehrsministerin Sommaruga als mögliche Schwelle für die Einführung der Abgabe einen E-Auto-Anteil bei den Neuwagen von 40 Prozent vor.
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