Die Erbschaftssteuer sollte nur zwei Prozent der Bevölkerung treffen, davon profitieren würden jedoch alle über die AHV. Dazu liess sich das Ganze als liberale Idee verkaufen – für einmal taugten den Linken die USA als Vorbild. Und trotzdem ist die Initiative gescheitert. Aus guten Gründen.
So wurden die Initianten den Verdacht nicht los, dass es mit der Einführung einer nationalen Erbschaftssteuer nur darum ging, die Steuereinnahmen des Fiskus zu erhöhen. Zwar kokettierten einzelne Initianten damit, man könnte im Gegenzug die Vermögenssteuern in den Kantonen senken. Fakt blieb aber: Die nationale Erbschaftssteuer sollte keine bisherige Steuer ersetzen, keine Sozialabgaben senken. Stattdessen sollte das Geld in die AHV fliessen – wo die gleichen Kreise Ausbaupläne hegen (Stichwort AHV plus), anstatt Reformen anzupacken. Das Etikett liberal verfing deshalb nicht.
Kommt dazu, dass liberal auch bedeutet, Eigentum zu schützen. Die Ängste, die um die Zukunft von Familienunternehmen geschürt wurden, mochten übertrieben gewesen sein. Doch sie verdeutlichen, dass Vererben eben auch Vorsorge ist. Ein Grund, um Vermögen zu bilden — für Kind und Kindeskinder. Die unterschiedlichen Steuersätze je nach Verwandtschaftsgrad mögen zum Teil überholt sein, zum Beispiel bei der Schlechterstellung von Konkubinats- gegenüber Ehepartnern. Doch dass Kinder als Erben anders behandelt werden als Neffen, ist für viele nicht verwerflich – die Initianten haben den Stellenwert der Familienbande unterschätzt.
Mit Kampfbegriffen von Geldadel und Neofeudalismus bedienten sie liberale Reflexe. Doch so drastisch nimmt die Bevölkerung die Situation nicht wahr. Die Reichen werden in der Schweiz nicht geschont. Und schliesslich, die letzte Lektion: Falls Handlungsbedarf besteht, dann setzt man besser in den Kantonen an. Die Stimmbürger haben nach dem Nein zur Abschaffung der Pauschalbesteuerung innerhalb eines halben Jahres zum zweiten Mal ein starkes Zeichen für die Steuerhoheit der Kantone gesetzt.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch
Weshalb das liberale Etikett nicht verfing
Die Erbschaftssteuerinitiative war geschickt konstruiert. Und trotzdem ist sie gescheitert. Aus guten Gründen.