Weshalb die Besatzung der ISS festsitzt
Nach dem Absturz einer Sojus-Rakete hat Russland sämtliche Starts der Frachter gestoppt. Die Astronauten auf der Internationalen Raumstation können somit nicht mehr versorgt werden. Die Nasa gibt Entwarnung.
In Russland herrscht Aufregung nach einer schweren Raumfahrtpanne. Das Land stoppt vorläufig alle Starts mit Sojus-Trägerraketen. Doch die Sojus sind nach dem Aus der US-Space-Shuttles die einzige Möglichkeit, Menschen zur Internationalen Raumstation zu bringen. Experten fordern Alternativen. «Der Unfall ist ein Hinweis für uns, auf parallele Strukturen zu setzen», sagte der Chef des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Köln, Johann-Dietrich Wörner. «Im Cargo-Bereich haben wir das, wir haben es nicht im Personentransport. Das ist dann kein Wettbewerb, das ist Kooperation, gerade für solche Situationen.»
Der russische Regierungschef Wladimir Putin befahl Roskosmos eine radikale Verbesserung der Kontrollen. Das gelte besonders für die Herstellung und die Überprüfung vor dem Start, sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow. Der neue Roskosmos-Chef Wladimir Popowkin versprach die Bildung einer neuen Kontrolleinheit.
Fehlzündung
Am Mittwoch war ein Frachter vom Typ Progress 12 M-12 mit fast drei Tonnen Versorgungsgütern an Bord auf dem Weg zur ISS im Altai-Gebirge im Osten Russlands abgestürzt. Grund war nach ersten Erkenntnissen eine fehlerhafte Zündung der dritten Raketenstufe an der Sojus nach dem Start vom Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan. Es war die erste Panne dieser Art seit 1978. Die Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen ein. Auch die Staatsduma in Moskau will sich mit dem Absturz vom Vorabend beschäftigen. Offenbar hatten sich einige Dutzend Menschen in der Gegend des Absturzes in Südsibirien aufgehalten. Allerdings sei niemand verletzt worden, hiess es.
Russland verschob einen für diesen Freitag geplanten Start eines Satelliten für sein Navigationssystem Glonass. Notfalls könne auch die für den 8. September geplante Rückkehr von drei Raumfahrern von der ISS um bis zu 50 Tage verschoben werden, meldete Interfax unter Berufung auf die US-Raumfahrtbehörde Nasa.
Astronauten auf der ISS
«Auf jeden Fall hat dieser Unfall einen Effekt auf die gesamte bemannte Raumfahrt», sagte DLR-Chef Wörner. Unklar ist nämlich auch, ob es beim geplanten Start der neuen ISS-Besatzung mit drei Raumfahrern am 22. September vom Weltraumbahnhof Baikonur bleibt. Roskosmos teilte in Moskau mit, dass die Behörde alles tun werde, um ihren internationalen Verpflichtungen für den ISS-Betrieb nachzukommen. Die Raumfahrtagentur kündigte nach einer nächtlichen Krisensitzung zudem Gespräche mit der Nasa über die Wartung der ISS an.
Am 20. Oktober sollen zudem die ersten funktionstüchtigen Satelliten für das Navigationssystem Galileo mit Sojus-Raketen vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana starten. «Dieses Vorhaben ist aber wohl nicht betroffen, weil Galileo eine andere Raketenoberstufe benutzt», erklärte Wörner.
Nasa gelassen
Die US-Raumfahrtbehörde Nasa hat gelassen auf den Absturz eines unbemannten russischen Frachtraumschiffs reagiert. Der Verlust der Versorgungsgüter sei für die Besatzung der Internationalen Raumstation ISS problemlos verkraftbar.
«Wir sind logistisch in einer guten Position», zitierte das Internetportal Space.com den zuständigen Nasa-Manager Mike Suffredini. Die ISS-Crew verfüge über genügend Vorräte, um monatelang ohne Nachschub auskommen zu können. Die Nasa will zunächst die Untersuchungen darüber abwarten, was den Fehlstart der Sojus-Trägerrakete am Mittwoch ausgelöst hatte, bevor sie weitere Schlüsse daraus zieht.
Seit der Einmottung ihrer Space-Shuttle-Flotte im Juli ist die Behörde für den Transport seiner Astronauten zur ISS auf Plätze in den russischen Sojus-Kapseln abhängig. Eine längere Unterbrechung der Flüge könnte ihre Besetzungspläne für die Raumstation durcheinanderbringen.
Pannenserie
Unterdessen bringt Russland den nächsten Progress- Raumtransporter nach Baikonur. Über den Start werde jedoch erst nach der Untersuchung des Unfalls entschieden, sagte ein namentlich nicht genannter Mitarbeiter der Raumfahrtindustrie der Agentur Ria Nowosti.
Russland musste zuletzt immer wieder über Pannen berichten. Erst vor einer Woche war gleich nach dem Start der Kontakt zu einem Kommunikationssatelliten abgerissen. Zu einem besonders schweren Zwischenfall kam es im Dezember 2010, als eine Trägerrakete mit drei Satelliten für das Navigationssystem Glonass nach dem Start in den Pazifik stürzte.
SDA/kpn
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