Widmer-Schlumpf auf Lösungssuche in Rom
Die Bundespräsidentin warb in Rom bei Italiens Regierungschef für ein Schweizer Steuerabkommen. Monti stellte weitere Gespräche in Aussicht. Was eine konkrete Unterzeichnung betrifft, blieb er aber vage.
Nach dem Treffen zwischen Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf und dem italienischen Regierungschef Mario Monti in Rom haben beide eine baldige Einigung im Steuerstreit in Aussicht gestellt. Widmer-Schlumpf sagte vor den Medien im Palazzo Chigi, sie und Monti stimmen darin überein, dass die Verhandlungen «ohne Verzögerungen» fortgesetzt werden müssen. Eine Einigung solle «in den kommenden Monaten» gefunden werden.
Die Vorsteherin des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD) sagte, sie sei erfreut, dass die Gespräche mit Italien über die offenen Steuerfragen aufgegleist werden konnten. Wichtig sei die Regulierung von Vermögenswerten italienischer Steuerpflichtiger, die in der Schweiz Bankkonten besitzen: «Die Schweiz will ein starker Finanzplatz sein – ohne nicht deklarierte Gelder.»
Italiens Premier Monti wies darauf hin, dass weitere bilaterale Treffen der Steuerungsgruppe stattfinden werden. Er erwartet, dass «bald» eine Lösung gefunden werde. Er könne jedoch nicht sagen, wann das Steuerabkommen unterzeichnet werden könne, sagte Monti. Widmer-Schlumpf sprach von «sehr guten» Gesprächen mit den italienischen Behörden, die in einem neuen Ton geführt würden. Monti bezeichnete die Diskussion mit der Bundespräsidentin als «intensiv und konstruktiv».
Quellensteuer und schwarze Listen
Im Vorfeld hatte bereits Ende Mai eine gemischte Steuerungsgruppe in Rom getagt. Diskutiert wurden das Modell eines Abkommens über die Regulierung von Vermögenswerten nichtansässiger Steuerpflichtiger in der Schweiz und die Einführung einer Quellensteuer auf künftigen Kapitalerträgen.
Erörtert wurden ferner der Zugang zu den Finanzmärkten, die bestehenden schwarzen Listen, die Revision des Doppelbesteuerungsabkommens – unter anderem die Frage des Informationsaustausches – sowie die Vereinbarung über die Grenzgängerbesteuerung.
Die Steuerungsgruppe war auf Schweizer Seite angeführt von Michael Ambühl, Leiter des Staatssekretariats für Internationale Finanzfragen des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD) und auf italienischer Seite von Carlo Baldocci, diplomatischer Berater des italienischen Wirtschafts- und Finanzministeriums.
Nach Beendigung der Unterredungen traf sich Ambühl mit Italiens Vize-Wirtschafts- und Finanzminister Vittorio Grilli zu einem Gespräch. Die Steuerungsgruppe, die die Fachgespräche zu den verschiedenen Fragen koordinieren wird, kommt noch vor Ende Juni erneut zusammen, diesmal in Bern.
Tessin macht Zugeständnisse an Italien
Ermöglicht wurde die Annäherung im Steuerstreit, nachdem der Kanton Tessin Anfang Mai 28 Millionen Franken an Quellensteuern von Grenzgängern an Italien überwiesen hatte. Im vergangenen Sommer hatte die Tessiner Regierung beschlossen, die Italien zustehenden Gelder einzufrieren und vorläufig nicht auszuzahlen. Sie reagierte damit auf den Druck Italiens auf den Tessiner Finanzplatz.
Das Geld sollte so lange blockiert bleiben, bis Bern und Rom wieder über eine Revision des Grenzgängerabkommens verhandeln würden. Italien reagierte verärgert – und machte seinerseits die Zahlung der Grenzgänger-Gelder zur Bedingung für Verhandlungen über ein Steuerabkommen. Italien hat im Gegenzug eingewilligt, auch über die Grenzgängerbesteuerung zu verhandeln.
Nach Aussagen Widmer-Schlumpfs spielten auch die finanzielle Lage des Landes und die Feststellung der EU-Kommission, dass die Abkommen mit Deutschland und Grossbritannien EU-konform seien, eine Rolle für die Verhandlungsbereitschaft Italiens. Der Druck der ans Tessin angrenzenden Regionen Italiens wegen der ausbleibenden Grenzgänger-Gelder habe ebenfalls mitgewirkt.
SDA/fko
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