Wie Clintons Krankheit den Wahlkampf beeinflusst
Der öffentliche Schwächeanfall Clintons hat ihre Gesundheit aus der Ecke der Verschwörungstheorien herauskatapultiert. Und zeigt Schwächen ihrer Kampagne auf.
Egal wie schnell sich Hillary Clinton von ihrer Lungenentzündung erholt hat – bis die Nebenwirkungen ihres Schwächeanfalls abklingen, dauert es noch länger. Nachdem Clinton bei der Gedenkfeier zu den Terroranschlägen vom 11. September zusammengebrochen ist und die Zeremonie frühzeitig verlassen musste, wird ihr Gesundheitszustand zum Politikum.
Bereits seit einigen Wochen versuchen die Gegner der 68-jährigen demokratischen Präsidentschaftskandidatin und Verschwörungstheoretiker Clintons Fitness zum Wahlkampfthema zu machen und streuen Gerüchte: Parkinson, Epilepsie, Hirnschäden – die Ferndiagnosen ihrer Gegner sind vielfältig.
Auch der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump hat sich schon mehrfach abschätzig zu Clintons Gesundheit geäussert. Er sinnierte darüber, dass es wohl an der Zeit wäre, dass «die unehrliche Hillary» und er ihre Krankengeschichten veröffentlichen sollten: «Ich habe damit keine Probleme! Hillary?» Zuletzt kritisiert Trump in einem Tweet die Massenmedien, die Hillarys angeblich allergisch bedingten Hustenanfälle nicht thematisieren würden.
Clintons Kampagnenteam hielt dagegen. Sprecher Nick Merrill sagte zu einem NBC-Reporter, er solle sich doch um seinen eigenen Kram kümmern, nachdem er einen Text über Clintons Hustenanfall verfasst hatte.
Kommunikation ist «clintonesque»
Der öffentliche Schwächeanfall Clintons hat nun ihre Gesundheit aus der Ecke der Verschwörungstheorien herauskatapultiert. Alle Medien sprechen darüber. Noch schlimmer für die Clinton-Kampagne: Sie spekulierten den ganzen Sonntag darüber. Zuerst hiess es von offizieller Seite, Überhitzung sei der Grund für Clintons Zusammenbruch. Da es nicht sonderlich heiss war bei der Zeremonie, wurde diese Version von Journalisten und in den sozialen Medien rasch angezweifelt. Erst Stunden nach dem Zwischenfall informierte Clintons Arzt, Lisa Badack. Bei Clinton sei zwei Tage zuvor eine Lungenentzündung diagnostiziert worden. Clinton habe Antibiotika sowie Ruhe verschrieben bekommen. Eine Kalifornienreise hat sie nun abgesagt.
Die defensive Kommunikationsstrategie fällt auf Clinton zurück. John Weaver, Chefstratege des ehemaligen Trump-Konkurrenten John Kasich, twittert, dass es Clintons Verlangen nach Kontrolle sei, das die Kontroverse verursacht habe. Stundenlang haben Reporter keine Informationen aus Clintons Lager erhalten. «Gibt es eine Geschichte, real oder erfunden, welche die Clinton-Kampagne nicht noch schlechter machen kann?», fragt der Politanalyst Jon Ralston. Und «The Guardian» titelt: «Poor communication on pneumonia is symptom of Clinton press problems». Die Zeitung bezeichnet die Kommunikation am Sonntag als exemplarisch, sie nennt sie «clintonesque». Erneut hätte durch eine einfache, klare Mitteilung, Clinton sei seit einigen Tagen krank, ein Problem aus der Welt geschafft werden können. Stattdessen verkomplizierte der Staff die Sache unnötig. Und der Journalist David Frum fasst die Ereignisse vom Sonntag so zusammen: Die Lektion für die nächsten vier Jahre: Was auch immer die Frage ist, glaube nie die erste Antwort der Clinton-Administration.
Mehr Transparenz gefordert
Der Zwischenfall fällt in eine heikle Phase des Wahlkampfs. Bis zum Wahltermin sind es nur noch knapp zwei Monate. Seit rund zwei Wochen verkleinert Trump den Rückstand auf Clinton in den Umfragen und kommt langsam in Schlagdistanz, wie es das Politmagazin «Politico» schreibt. In den sozialen Medien duellieren sich Trump- und Clinton-Fans. Das Pro-Clinton-Lager sieht es als Stärke, dass sie trotz Krankheit keine Pause mache. Das Pro-Trump-Lager würde Clinton lieber im Spital sehen.
Was Donald Trump vom Zwischenfall hält, ist bislang noch unklar. Seine Berater haben ihm sowie seinen wichtigsten Sprechern an 9/11 ein Interview- und Twitter-Verbot erteilt. Konservative Analysten hoffen unterdessen, dass sich der Milliardär zusammenreisst und höchstens «Ich wünsche meiner Gegnerin gute Besserung» twittert, schreibt die «Süddeutsche Zeitung».
Der Schwächeanfall wird aber in den kommenden zwei Monaten bestimmt noch zum Wahlkampfthema. «Die Leute werden nicht aufhören können, über das Thema zu reden. Mal schauen, was als Nächstes passiert», sagt James Carville zu «Politico».
Bereits vor der Gedenkfeier veröffentlichte die «Washington Post» einen Beitrag von David Schreiner, dem Arzt von Barack Obama. Darin appelliert er an Clinton und Trump, ihre Wähler genau über ihre Gesundheit zu informieren. Der Alterungsprozess Obamas zeige, wie stressig der Job im Weissen Haus sei. Die Forderung nach voller Transparenz findet nach Clintons Zusammenbruch nun immer mehr Anhänger. Selbst Trump-Fürsprecher Rudy Giuliani hält es für richtig, dass die Präsidentschaftskandidaten ihre Krankengeschichten veröffentlichen.
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