Wie Corona und Ölpreiskrieg die Börsenpanik ausgelöst haben
Saudiarabien und Russland streiten über den Ölpreis, hinzu kommt die globale Corona-Angst. Unser Wirtschaftsredaktor erklärt die heikle Situation an den Finanzmärkten.

Die Marktbeobachter geben sich martialisch: Es ist vom Ölkrieg die Rede oder vom Öl-Armageddon. Die Opec-Staaten konnten sich nicht einigen, wie sie auf den wegen des Coronavirus absinkenden Ölverbrauch reagieren sollen. Der Ölpreis sinkt seit Wochen, und doch wollen die grossen Erdölförderer die Produktion nicht drosseln.
Das liegt am Zwist zwischen Russland und Saudiarabien. Russlands Präsident Wladimir Putin sieht keinen Grund, die Ölproduktion zu senken – die Einnahmen seien ausreichend. Saudiarabien lässt die Situation nun komplett eskalieren und will trotz der bereits stark gefallenen Preise die Ölproduktion noch weiter ausweiten. Damit reagieren die Saudis auf die Weigerung Russlands, bei einer Drosselung der Produktion mitzumachen.
Düstere Aussichten für Europa
Das führt zu einem dramatischen Preiszerfall: Der Ölpreis ist so stark eingebrochen wie seit dem Irakkrieg im Januar 1991 nicht mehr. Ein Fass der Sorte Brent kostet aktuell weniger als 35 Dollar. Damit hat sich der Preis seit Jahresbeginn beinahe halbiert. Laut der Investmentbank Goldman Sachs könnte der Preise gar auf 20 Dollar sinken.
Der Crash am Ölmarkt sorgt zusammen mit den Ängsten der wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus für Panik an den Börsen. Die asiatischen Handelsplätze verloren in der Nacht deutlich. In Europa sieht es nicht besser aus. Der Schweizer Leitindex SMI verlor heute Morgen rund 7 Prozent – bei Handelsbeginn sogar mehr als 10 Prozent. Ähnlich heftige Kursstürze zeigten sich auch beim deutschen DAX oder dem britischen FTSE-100-Index. Dort traf es die Ölfirmen Shell und BP besonders hart, ihre Aktien büssten über 20 Prozent ein. Ebenfalls stark reagiert die Osloer Börse, sie sinkt um 11 Prozent – kein Wunder, das ölreiche Land ist vom Preiskrieg beim Erdöl am ehesten betroffen.
In der Schweiz reagieren die Aktien der Finanzunternehmen am stärksten. Die schlechte Stimmung an den Märkten wird dafür sorgen, dass die Grossinvestoren vorsichtiger werden. Das wird sich auf die Einnahmen der Banken auswirken. UBS und CS verlieren daher deutlich an Wert.
Während die Märkte panisch reagieren, soll die Strategie von Saudiarabien erste Früchte tragen. Wie Bloomberg berichtet, hat der saudische Ölkonzern Aramco bereits neue Bestellungen erhalten. Die Wette auf tiefere Ölpreise, um die Nachfrage danach zu stabilisieren, scheint also zumindest vorerst aufzugehen. Einige Marktbeobachter glauben, dass Russland mit dem tiefen Ölpreis den US-Schieferöl-Produzenten das Leben schwermachen will. Ihre Förderung lohnt sich erst ab einem Ölpreis von mehr als 50 Dollar pro Fass. Laut dem US-Energieexperten Ed Crooks könnte dieser Angriff aber wenig bewirken, da die Folgen sehr beschränkt sind.
Sinkende Ölpreise sollten eigentlich für die Wirtschaft positiv sein. Denn tiefere Rohstoffpreise senken die Kosten der Firmen. Doch laut den Analysten von Morgan Stanley ist es in diesem Fall anders. Denn die wirtschaftliche Entwicklung sei schon durch die Angst vor dem Coronavirus geschwächt. Zusammen mit den starken Schwankungen der globalen Finanzmärkte habe das dazu geführt, dass Banken vorsichtiger beim Gewähren von Krediten werden, was die negativen Auswirkungen des starken Ölpreisverfalls noch verstärke.Dadurch steigt die Chance, dass die Weltwirtschaft in eine Rezession schlittert.
Für Japan erachten Marktbeobachter ein solches Szenario bereits als wahrscheinlich, und auch in Europa steigt die Chance, dass es zu einem wirtschaftlichen Abschwung kommt. Sollte er auch die Schweiz erreichen, wären Immobilien nicht vor einem Wertverlust geschützt. «Der Immobilienmarkt ist kein sicherer Hafen. Im Falle einer Rezession wären sowohl im Luxussegment als auch bei Renditeliegenschaften grössere Wertverluste wahrscheinlich», so UBS-Ökonom Matthias Holzhey.
Etwas Gutes dürften die Verwerfungen an den Märkten haben: der Heizölpreis dürfte weiter sinken. Diese Entwicklung hat sich schon in den letzten Wochen abgezeichnet und jüngst noch verstärkt. Doch an der Tankstelle dürften die Preise kaum reagieren. Der Benzinpreis wird in der Schweiz nur zu einem geringen Teil vom Rohölpreis bestimmt. Wichtiger sind die Mineralölsteuer, der Mineralölsteuerzuschlag und die Importabgaben. Die staatlichen Abgaben machen mehr als die Hälfte des Benzinpreises aus.
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