Wie das Unispital die Zahl der Infektionen stark senkt
Der Kampf gegen die Keime ist komplex. Doch Hygienechef Hugo Sax scheut keinen Aufwand.

Der Leiter der Spitalhygiene im Universitätsspital, Hugo Sax, ist international bekannt. Vor vier Jahren hat sein Team herausgefunden, weshalb einzelne Patienten nach einer Operation am offenen Herzen eine schwerwiegende Infektion erleiden: Ein grundsätzlich harmloses Bakterium, das weltweit im Trinkwasser vorkommt, war auch in Temperaturregulierungsgeräten der Herz-Lungen-Maschinen vorhanden und wurde, während die Ärzte operierten, über die Ventilatoren der Geräte verbreitet. In seltenen Fällen setzte es sich auf Implantate und verursachte Infektionen, die sich teilweise erst nach Monaten manifestierten. Für diese Entdeckung erhielten die Zürcher Forscher einen wichtigen Preis in den USA.
Wie die Bakterien in die Wassertanks gelangten, blieb damals allerdings unklar. Es folgten umfangreiche Untersuchungen, an denen sich Wissenschaftler aus mehreren Ländern beteiligten, darunter Hugo Sax als Studienleiter. Kürzlich haben sie das Resultat ihrer Studie publiziert: Die Geräte wurden mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit schon bei der Herstellung mit dem Bakterium kontaminiert; dieses konnte an einem Produktionsort identifiziert werden.
Viel Aufwand für Verbesserung
Das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic reagierte auf die Erkenntnisse und erliess im Januar 2017 die Richtlinie, dass die Luft um die Temperaturregulierungsgeräte herum komplett von jener im Operationssaal zu trennen sei. Das Unispital ergriff bereits ab 2014 Massnahmen. Sax: «Wir liessen Gehäuse um die Geräte bauen mit einem Abzug für die Luft. Zudem wird das Wasser jeden Tag gewechselt statt wie früher nur alle zwei Wochen.» Allein dafür habe man eine zusätzliche Person anstellen müssen, weil die Arbeit sehr aufwendig sei.
Das Unispital scheute keinen Aufwand. Mit welchem Resultat? «Früher hatten wir sechs solche Infektionen auf 3000 Operationen», sagt Sax, «nun haben wir keine Fälle mehr.» Der Effekt liegt damit im Promillebereich. Andere Massnahmen haben laut Sax eine viel grössere Wirkung auf die Infektionsrate. In der Herzchirurgie des Zürcher Unispitals lag diese bis vor kurzem vergleichsweise hoch. 2013 erlitten 5,7 Prozent der Patientinnen und Patienten eine schwere Infektion. Innerhalb von zwei Jahren sank die Rate auf 2,7 Prozent. Sax nennt drei Massnahmen, die erfolgreich waren: Erstens kümmere sich heute ein interdisziplinäres Team um die Prophylaxe. Zweitens erhielten gewisse Risikopatienten vor der Operation neu zwei verschiedene Antibiotika statt nur eines. Drittens kontrollierten die Spitalhygieniker den Operationssaal der Herzchirurgen häufiger und informierten diese über die Resultate.
Fehler aufzeigen
«Eine Qualitätsverbesserung können wir nur erreichen, wenn wir die Fehler aufzeigen – und nachher auch den Erfolg der getroffenen Massnahmen», sagt Hugo Sax. Das gelte für das ganze Spital. Sein Team kontrolliert denn auch nicht bloss die Herzchirurgen, sondern besucht regelmässig alle Abteilungen. Ein wichtiger Punkt ist die Antibiotikaabgabe, die innerhalb einer Stunde vor der Operation erfolgen muss, damit sie wirkt. Die Spitalhygieniker stellten fest, dass dies nur in 80 Prozent der Fälle im richtigen Zeitfenster geschieht. Beim Rest erfolgte die Abgabe zu spät oder zu früh, weil zum Beispiel noch ein Notfall dazwischenkam. «Diese 20 Prozent Patienten hatten ein erhöhtes Risiko, eine Infektion zu erleiden», konstatiert Sax.
Über das ganze Spital gesehen liegt die Infektionsrate seit Jahren konstant bei rund 8 Prozent, wie dem jüngsten Qualitätsbericht zu entnehmen ist. Am häufigsten sind Wundinfektionen nach einer Operation, gefolgt von Harnweginfektionen, vor allem im Zusammenhang mit einem Blasenkatheter.
Tiefere Werte bis 2018
Sax will die Infektionsrate bis 2018 auf 5 Prozent senken, und die Spitaldirektion hat diese Zielsetzung bekräftigt. Obwohl die Zahlen bisher stagniert haben, ist Sax zuversichtlich. Er hat mit seinem Team in den letzten Jahren viel Überzeugungsarbeit geleistet, das Personal geschult und Prozesse standardisiert. Dabei haben sie auch ungewöhnliche Mittel eingesetzt: Eine eigens im Unispital entwickelte Virtual-Reality-Brille zeigt den Mitarbeitenden, wo sie im Pflegealltag Bakterien übertragen.
«Wir hoffen, dass all diese Massnahmen jetzt dann bald greifen», sagt Sax. Weniger Infektionen bedeuten nicht nur weniger Leid für die Patienten; das Spital kann damit auch Millionen sparen.
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