
Als ihn mit sechzehn die Polizei aufgriff, amüsierte das die ganze Nation: Euan Blair war immerhin der Sohn des damaligen Premierministers. Volltrunken war der Filius von Tony Blair und Cherie Booth eines Nachts nach einer Schulfeier versumpft, mitten in London.
Den Polizisten, die ihn auf die Wache schleppten, gab Euan einen falschen Namen, eine falsche Adresse und ein falsches Alter an. Offenbar wollte er, um der Eltern willen, alles Aufsehen vermeiden. Aber so leicht zu leugnen war nicht, dass er in Downing Street zu Hause war. Vielleicht trug das ja auch dazu bei, dass er statt mit einer Strafe mit einem polizeilichen Rüffel davonkam.
Steile Karriere nach der Downing Street
Lang ist das her. Schon vor 14 Jahren sind die Blairs ja aus der Wohnung über der Regierungszentrale ausgezogen. Euan aber – Blair Junior – hat sich seit seiner Jugendzeit gründlich berappelt. Erst studierte er in Bristol Alte Geschichte (worüber er heute nur lächelt). Dann ging er nach Yale, um sich in internationale Beziehungen zu vertiefen. Von da führte ihn sein Weg stracks zu Morgan Stanley, den Investmentbankern.

Ein lukrativer Bankenjob war aber nicht genug für den Sohn eines früheren Labour-Premierministers. Euan wollte, ganz im Geiste des Papas, das Einträgliche mit dem Nützlichen verbinden. 2016 gründete er zusammen mit einer Banken-Kollegin ein Unternehmen, das erst White Hat hiess und heute unter dem Namen Multiverse bekannt ist.
Mit spezieller Idee zu 200 Millionen Dollar
In der kurzen Zeit seiner Existenz hat es Multiverse auf einen Schätzwert von 200 Millionen Dollar gebracht, weil eine Menge Hedge Funds in den Blair-Betrieb investierten. Seinen Gründer hat es, wie jetzt alle britischen Zeitungen berichten, zu einem reichen 37-Jährigen gemacht. Und das ist kein Wunder. Denn Euan Blair hatte eine ganz spezielle Idee.
«Training, Training, Training» statt «Bildung, Bildung, Bildung».
Statt den Leuten zum Studieren zu raten, fand er, sei es doch viel besser, ihnen zu einer qualifizierten Ausbildung, einer Art gehobenen Lehre mit Einzelunterricht durch Branchenexperten zu verhelfen. Auf solch praktisches Wissen seien Multis, Grossbanken und andere Betriebe im Grunde scharf, war seine Überlegung.
Kunden wie Facebook, Google, Microsoft und eben auch Morgan Stanley führte er entsprechend «talentierte» Kandidaten zu, die in einem Studium kostspielige Zeitverschwendung sahen. Witzigerweise stellte er damit eine alte, viel gefeierte Labour-Prämisse seines Vaters auf den Kopf, denn noch 1999 hatte Tony Blair verkündet, dass nichts so wichtig sei wie «Bildung, Bildung, Bildung». Er wolle dafür sorgen, dass 50 Prozent aller Schulabgänger ein Studium absolvieren könnten.
Papa Tony soll ein grosser Fan sein
Zu Beginn der Blair-Ära möge das mit der Bildung ja auch noch ein hehres Ziel gewesen sein, meint Euan Blair dazu heute: «Aber funktioniert hat das so nicht am Ende.» Teuer gewordene Studiengänge produzierten inzwischen nur immer mehr arbeitslose Akademiker, denen es an praktischem Wissen und an einschlägigen Erfahrungen fehle.
«Training, Training, Training» sei darum die bessere Parole. Inzwischen habe auch sein Vater eingesehen, dass die Universitäten nicht die Lösung seien. Papa Tony sei «ein grosser Fan» seiner Multiverse-Idee, meint Euan stolz. Und eigene politische Ambitionen? Nein, die habe er nicht, beteuert er. Euan hat seine Mission gefunden.
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