«Wie ein Zwölfjähriger in einem Flughafen-Tower»
«Eine Warnung» heisst ein neues Enthüllungsbuch über Donald Trump. Es erzählt haarsträubende Episoden aus dem Weissen Haus.

Für Donald Trump zu arbeiten, muss nervenaufreibend sein. Beispielsweise geraten Mitarbeiter nach dem Aufwachen am Morgen in Panik, wenn sie sehen, welche wilden Ankündigungen der Präsident wieder auf Twitter gemacht hat. Sie müssen zuschauen, wie der Präsident von einer selbstverursachten Krise in die nächste schlittert. Und sie erleben einen unflätigen Mann, der sexistische und rassistische Äusserungen von sich gibt. Und der auch glaubt, dass er als Präsident über Recht und Gesetz steht.
Das Enthüllungsbuch eines früheren hochrangigen Mitarbeiters im Weissen Haus zeichnet ein erschütterndes Bild der Trump-Präsidentschaft. Eine «Warnung von Anonymus» heisst der Insiderbericht. Die Pressesprecherin des Weissen Hauses, Stephanie Grisham, hat das Buch vorsorglich schon als Fiction abgetan und dem anonymen Autor Feigheit vorgeworfen. Das Buch erscheint am kommenden 19. November. Grosse Zeitungen wie «Washington Post» und «New York Times» sind bereits in Besitz von Textauszügen, über die sie nun berichten.
Eine Gefahr für die Nation
Anonymus beschreibt Trump als grausam, ungeeignet für das Amt und als Gefahr für die Nation, die er eigentlich führen sollte. Der Präsident sei «wie ein Zwölfjähriger in einem Flughafen-Tower». Er drücke Knöpfe, ohne sich darum zu kümmern, wie die Situation auf dem Rollfeld und im Himmel sei. Mit diesem Bild beschreibt Anonymus den Regierungsstil von Trump. Dieser Präsident sei nicht in der Lage, das Land durch die grossen Krisen der Gegenwart zu führen, heisst es weiter. Er ignoriere die Briefings seiner Geheimdienste und des Nationalen Sicherheitsrats. Vielmehr sei er anfällig für Schmeicheleien und Manipulationen von Autokraten.
Mühe hat Trump mit rechtsstaatlichen Institutionen. Bundesrichter, die gegen seine Politik entscheiden, mag er nicht. Er würde sie am liebsten abschaffen, wie aus internen Gesprächen hervorgeht. Und was er im kleinen Kreis über Einwanderer aus Mexiko sagt, überschreitet die Grenze der Menschenverachtung. «Dann kommen diese Frauen mit sieben Kindern. Sie wollen Hilfe, weil ihr Mann sie verlassen hat. Aber sie sind nutzlos, sie machen nichts für unser Land», schimpfte Trump. «Wenn sie wenigstens mit ihren Männern kämen, könnten wir diese auf unsere Felder schicken.»
Widerstand im Weissen Haus
Von Anonymus stammt auch der vor einem Jahr in der «New York Times» erschienene Beitrag, der für grosses Aufsehen sorgte. Damals war Anonymus selber noch «Teil des Widerstands in der Trump-Regierung». Anonymus berichtet, dass er und etliche andere hochrangige Mitarbeiter die Idee hatten, gleichzeitig den Job zu schmeissen. Mit einer solchen Massenkündigung von Trump-Mitarbeitern hätte die Öffentlichkeit auf die Missstände im Weissen Haus aufmerksam gemacht werden sollen. Schliesslich habe man darauf verzichtet, um den Regierungsapparat nicht noch weiter zu schwächen. Heute müsse er feststellen, dass der «stille Widerstand im Weissen Haus» die Politik des Präsidenten nicht entscheidend korrigieren könne.
Anonymus, der Zweifel an Trumps geistiger Fitness äussert, berichtet, dass Vizepräsident Mike Pence eine vorzeitige Beendigung der Präsidentschaft Trumps unterstützt hätte, wenn die Mehrheit des Kabinetts dies gewollt hätte. Der 25. Zusatzartikel der US-Verfassung erlaubt es, den Präsidenten unter bestimmten Voraussetzungen abzusetzen. Das Kabinett kann dies tun, wenn der Präsident wegen seines physischen oder mentalen Gesundheitszustandes nicht mehr in der Lage ist, die Pflichten seines Amts auszuführen. Vizepräsident Pence hat Anonymus' Aussagen als falsch zurückgewiesen.
Warnung vor Wiederwahl Trumps
Die bisher bekannten Textauszüge aus dem Anonymus-Buch liefern insgesamt keine neuen spektakulären Erkenntnisse über Trump und seine Präsidentschaft. Die haarsträubenden Episoden, die Anonymus schildert, fügen sich ein in ein bereits bekanntes Bild, das die meisten Medien seit bald drei Jahren über Trump zeichnen. Bestätigt wird dieses Bild auch von etlichen Büchern, so zum Beispiel von «Feuer und Zorn» sowie «Unter Beschuss» des US-Journalisten Michael Wolff.
Das Buch von Anonymus versteht sich als Warnung an das amerikanische Volk: Auf keinen Fall soll Trump im kommenden Jahr als Präsident wiedergewählt werden.
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