Brennender Frachter im AtlantikWie Elektroautos zum Risiko auf hoher See werden
Seit mehr als einer Woche treibt ein brennender Frachter vor den Azoren. An Bord sind Elektroautos, deren brennende Batterien eine Löschung erschweren. Warnungen blieben bisher meist ungehört.
Noch ist die Ursache des Brands auf der Felicity Ace nicht geklärt. Sicher ist nur, dass die Batterien der Elektroautos an Bord den Brand beschleunigten, eine Löschung aussichtslos wurde und die rund 4000 Porsches, Bentleys und VW an Bord zerstört wurden. Der Schaden dürfte 500 Millionen Dollar betragen.
Die Löschequipen sahen sich nach eigenen Angaben nicht in der Lage, den Brand unter Kontrolle zu bringen, und erklärten, die geballte Fracht von Elektroautos habe zur immensen Hitze und rasanten Ausbreitung des Feuers beigetragen. João Mendes Cabeças, Kapitän des der Unfallstelle am nächsten gelegenen Hafens auf den Azoren, teilte diese Meinung. Die Lithiumbatterien der Autos «haben den Brand am Leben erhalten». Deswegen hätten auch die Flammen das Schiff bis zur Wasserlinie hinunter erfasst.

Elektroautos werden mit nur teilweise geladenen Batterien verschifft, um sie manövrieren zu können. Das grösste Risiko ist gemäss einer norwegischen Studie die Verankerung der Autos. Wenn ein Wagen mit Benzinmotor verrutscht, beschädigt dies lediglich andere Autos. Rutscht hingegen ein E-Auto, kann dies gemäss der Studie die Batteriezelle beschädigen und einen Kurzschluss verursachen. Da die Autos auf Deck dicht geparkt werden, ist ein Grossbrand kaum zu verhindern.
Mit einiger Verspätung besorgt ist auch das US-Transportministerium. «Lithiumbatterien sind ein unterschätztes und ungenügend kontrolliertes Risiko in der Transportkette», schreibt das Ministerium. Allerdings habe die Transportindustrie bisher keinen Konsens darüber erzielt, wie die Risiken reduziert werden könnten, schreibt das Ministerium, das erst jetzt Wissenschaftler und Schifffahrtexperten ersucht, entsprechende Vorschläge einzureichen.
Einige Reedereien haben bereits reagiert
Die auf internationale Transporte spezialisierte Corsia Logistic rät ihren Kunden, Elektroautos nur in Containern zu verschiffen, um das Unfallrisiko zu verringern. Brennende Container könnten im schlimmsten Fall über Bord geworfen werfen, bei eng parkierten Elektroautos gehe das nicht. Schon vor dem Brand der Felicity Ace hatte Maersk, eine der weltweit führenden Reedereien, gehandelt. Nachdem 2019 das Frachtschiff Grande America im Golf von Biscaya in Brand geraten und zwei Tage später gesunken war, verschärfte Maersk die Verladebestimmungen, da sich an Bord des Frachters über 2000 Autos, darunter Audis und Porsches, befanden. Gefährliche Güter – dazu zählen Elektroautos – können auf Maersk-Schiffen nicht mehr unter Deck parkiert werden.
Gemäss der Allianz hat die Zahl der Havarien auf hoher See in den letzten Jahren abgenommen, doch die Schwere der Unfälle hat zugenommen. Dies hängt mit den immer grösseren Schiffen und den gefährlichen Ladungen zusammen, die zudem oft nicht richtig deklariert werden. Schärfere Vorschriften hätten möglicherweise auch eine Katastrophe vor der japanischen Küste verhindern können, als 2019 ein ebenfalls in Panama registriertes Frachtschiff, die Sincerity Ace, mit über 4000 Fahrzeugen von Nissan an Bord aus zunächst ungeklärten Gründen in Brand geriet. Fünf Besatzungsmitglieder verloren ihr Leben. Spätere Untersuchungen führten das Unglück mit grosser Wahrscheinlichkeit auf den Brand eines Autos zurück.
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