Wie Europas Banken auf Herz und Nieren getestet werden Hintergrund
Bern Bei den europaweiten Stresstests wurden die 91 wichtigsten Banken in 20 Ländern daraufhin geprüft, ob und wie sie in diesem und im nächsten Jahr zwei Risikoszenarien überstehen würden.
Massstab dafür ist die Kernkapitalquote - zentrale Ziffer für die Kapitalausstattung einer Bank. Sie soll auch nach einem doppelten Schock bis Ende 2011 nicht unter sechs Prozent fallen. Die Banken stehen insgesamt für 65 Prozent des Bankenmarktes in der EU, in jedem einzelnen Land sind Banken mit mindestens 50 Prozent der Bilanzsumme des gesamten Sektors dabei. Die beiden angenommenen Entwicklungen bauen aufeinander auf, so dass in der Simulation im schlimmsten Fall ein Einbruch der Konjunktur und heftige Turbulenzen am Staatsanleihenmarkt zusammentreffen. An der Testmethode waren im Vorfeld Zweifel geäussert worden: Die Tests seien zu lax. EZB-Ratsmitglied Jose Manuel Gonzalez-Paramo hatte sie aber verteidigt: «Diese Tests sind ein Härtetest und unterwerfen die Banken einer hypothetischen, sehr unwahrscheinlichen Situation.» Basisszenario: Grundlage für den Test ist ein Basisszenario, das nachzeichnet, wie sich das Eigenkapital der Banken und andere Kennziffern der Institute entwickeln, wenn die Wirtschaft in der Euro-Zone in diesem und im nächsten Jahr genauso stark wächst wie von der Europäischen Kommission zuletzt erwartet. Sie hat für 2010 ein Konjunkturwachstum in den 27 EU- Mitgliedsländern von 1,0 Prozent vorhergesagt und 2011 ein Plus von 1,5 Prozent. Krisenszenario 1: Im ersten Krisenszenario wird simuliert, dass die Konjunktur in der EU zwei Jahre lang wesentlich schlechter läuft als von der Kommission veranschlagt. Über alle Euro-Länder wird dabei nach Angaben der europäischen Bankenregulierer CEBS angenommen, dass das Bruttoinlandprodukt (BIP) 2010 und 2011 um insgesamt drei Prozent schrumpft. Dabei scheren die Bankenaufseher nicht alle Länder über einen Kamm. Unterstellt wird zudem ein 20-prozentiger Kursverfall an den Aktienmärkten in beiden Jahren. Es wird zugleich ein abrupter Anstieg der Zinsen mit einer Verflachung der Zinsstrukturkurve angenommen. Die Drei-Monats-Zinsen steigen um 125 Basispunkte, die Renditen auf die zehnjährigen um 75 Prozent. Damit werden die Bankbilanzen ersten Verwerfungen an den Rentenmärkten ausgesetzt. Krisenszenario 2: Zusätzlich simuliert der Test einen Verfall von Staatsanleihen einzelner Länder, der um so stärker ausfällt, je risikoreicher sie zuletzt waren. Daraus wird ein Abschlag (»Haircut») auf die Papiere errechnet, die in den Handelsbüchern der Banken liegen. Er reicht bis zu 23,1 Prozent für griechische Anleihen. Der Stress für die Banken fiele damit stärker aus als der Staatsanleihen-Crash in Südeuropa im Mai. Auf dem Höhepunkt der Schuldenkrise waren die Risikoaufschläge für Papiere aus Problemländern blitzschnell in schwindelerregende Höhen geschnellt. Mit Ausnahme der deutschen Bundesanleihen kam der Handel mit Staatspapieren fast zum Erliegen. Ein Grossteil der enormen Mengen von Anleihen, die von Banken gehalten werden, liegt allerdings nicht im Handels- sondern im Bankbuch. Dort werden sie nicht nach Marktpreisen bewertet - und müssen deshalb nur abgeschrieben werden, wenn sie ausfallen. Die Aufseher wollen aber den Eindruck vermeiden, dass sie mit einem Staatsbankrott rechnen. Dennoch bleiben die Papiere im Bankbuch nicht vom Stress verschont: Die Aufseher gehen davon aus, dass Kreditausfälle bei Unternehmen und privaten Kunden in der Rezession wahrscheinlicher werden und sich ihre Kreditwürdigkeit verschlechtert. Experten zufolge wiegt diese Komponente des Stresstests im Ergebnis stärker als die Haircuts im Handelsbuch.
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch