Wie geht das noch mal?
Zürich liegt nur rund 30 Kilometer vom Atomkraftwerk Leibstadt entfernt. Informationen darüber, wie man sich bei einem Störfall verhalten soll, sind nicht so leicht zu finden.

Ein halbes Jahr lang war das Atomkraftwerk Leibstadt (AG) ausser Betrieb. Seit Montag ist es wieder am Netz. Allein diese Information kann angesichts der Tatsache beunruhigen, dass das AKW wegen Oxidationen – im Volksmund Rost genannt – an mehreren Brennstäben ausgeschaltet werden musste. Die Nachricht, dass zum Hochfahren der Anlage aufgrund einer technischen Störung zwei Anläufe notwendig waren, macht die Sache nicht besser.
Zwar vermeldet das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi), welches den Betreibern von Leibstadt die Genehmigung für einen Neustart erteilt hat, dass alle Grenzwerte jederzeit eingehalten worden seien. Nichtsdestotrotz geben derlei Vorkommnisse zu denken – zumal das AKW nur rund 30 Kilometer von Zürich entfernt ist.
Ein Teil des Kantons liegt in Gefahrenzone 2
Der Bund hat die Umgebung der Schweizer Kernanlagen in zwei Bereiche eingeteilt. Zone 1 umfasst das Gebiet, in dem bei einem schweren Störfall sofortige Schutzmassnahmen für die Bevölkerung notwendig sind. Die Zone 2 umfasst einen Radius von 20 Kilometern um die Kernanlage und bezeichnet jene Bereiche, in welchen eine Gefahr für die Bevölkerung entstehen kann, die Schutzmassnahmen erfordert. Ein Teil des Kantons Zürich liegt in Zone 2 und selbst wer weiter als 20 Kilometern von dem AKW entfernt lebt, hat Jodtabletten zugeschickt bekommen, welche im Falle einer Katastrophe einen gewissen Schutz vor Radioaktivität bieten.
Doch wann nimmt man diese Jodtabletten ein, die man zu Hause aufbewahren muss? Und wie sollen Zürcherinnen und Zürcher generell vorgehen, wenn es zu einem «schweren Störfall» kommt? Die Suche nach Antworten stellt sich als nicht ganz einfach heraus. Im Gedärm der Websites unterschiedlichster Bundesämter führt selbst die Eingabe eines simplen Suchbegriffs wie «Jod» ins Leere. Ein Anruf beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz (Babs) tut Not. Von fünf Mediensprechern des Amtes ist allerdings keiner erreichbar – man kann nur hoffen, dass ein GAU nie in die Ferienzeit fällt.
Auskunft gibt schliesslich Christian Fuchs, Informationschef der Nationalen Alarmzentrale. Er weist darauf hin, dass die Anwohner der Zonen 1 und 2 Informationsbroschüren erhalten hätten, auf welchen das richtige Verhalten bei einem Kernkraftwerksunfall zu lesen sei. «Die Broschüren kann man auch im Netz abrufen», sagt er. Allerdings muss selbst Fuchs einige Minuten nach den Downloadssuchen und findet sie schliesslich unter dem Stichwort «Unterlagen Ereignisbewältigung».
Es gibt keine Standards
Das Vorgehen in Zürich sei ohnehin extrem von der Situation im Gefahrenfall abhängig. «Die Ereignisverläufe unterscheiden sich sehr stark, deshalb gibt es keine fixen Standards. In Japan dauerte es beispielsweise Tage, bis Massnahmen zum Bevölkerungsschutz umgesetzt werden mussten.» Bei der Nationalen Alarmzentrale geht man laut Fuchs davon aus, dass in den Zonen 1 und 2 von der Verhaltensanweisung bis zur effektiven Umsetzung einer Massnahme mindestens zwei Stunden Zeit bleiben. Ausserhalb der Zone 2 hätte man entsprechend mehr Zeit dazu.
In einem Störfall wird im Kanton zunächst der Sirenenalarm ausgelöst. Dann erfolgt die Information der Bevölkerung über Radiosender sowie per Medienmitteilungen. «Momentan konzentrieren wir unsere beschränkten personellen Mittel noch auf diese traditionelle Kanäle. Wir sind derzeit aber daran, die Informationsmöglichkeiten über soziale Medien zu prüfen», sagt Fuchs.
«Wir werden vom Ensi sofort über eine Gefahrenlage informiert. Das ist aber im Moment nicht der Fall.»
Eine mögliche Schutzmassnahme der Bevölkerung, die laut Fuchs im Notfall rasch umgesetzt werden kann, ist die Anordnung, die Häuser nicht zu verlassen. Je nach Gefahrenlage könne sich diese Massnahme auch nur auf Schwangere und Kinder beziehen. Die Einnahme von Jodtabletten und allenfalls die Evakuierung gewisser Gebiete zählen ebenfalls zu diesem sogenannten Dosis-Massnahmenkonzept, sagt Fuchs. «Da es sich bei den Anweisungen um einen massiven Eingriff in die Freiheit der Bevölkerung handelt, dürfen sie nur von einer gewählten Behörde wie dem Bundesrat angeordnet werden. Dieser hat die Aufgabe an uns delegiert.»
Die Frage, ob die gegenwärtige Situation im Atomkraftwerk Leibstadt gefährlich sei, will Fuchs nicht beantworten. Eine solche Beurteilung sei Sache des Ensi. «Unsere Aufgabe ist es, im Notfall die notwendigen Schutzmassnahmen zu ergreifen», sagt er. «Wir werden vom betroffenen Werk und vom Ensi sofort über eine Gefahrenlage informiert. Das ist aber im Moment nicht der Fall.»
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