Natalie Rickli zum NachtlebenGäste müssen ID zeigen – Clubs setzen zudem auf die Covid-App
Nach den «Superspreader-Events» hat der Kanton Zürich die neuen Spielregeln diktiert. Die Clubs wollen sogar noch weiter gehen. Das Flamingo wiederum muss nun doch nicht schliessen.

Kurz nach der Pressekonferenz Ricklis hat die Bar und Club Kommission (BCK), die das Zürcher Nachtleben vertritt, erleichtert auf die Massnahmen des Kantons reagiert. Die Clubs hatten befürchten müssen, dass der Kanton sie wegen lausig geführten Gästelisten schliesst.
«Die BCK und ihre Mitglieder haben jedenfalls daraus gelernt, und wir sind froh, konnten wir am Mittwoch gemeinsam mit dem Kanton festhalten, wie dieser Prozess optimiert werden kann», schreibt die reuige BCK sie in einer Mitteilung.
Schon vor der Party auf der Club-Site registrieren
Sie bestätigt die neuen Regeln: Geprüfte Identität der Gäste, bestätigte Handynummer, definierte Ansprechperson für das Contact-Tracing-Team. Die BCK geht gar weiter als der Kanton: «Zusätzlich zu den Weisungen des Kantons setzen wir die Nutzung der Swiss-Covid-App voraus. Gäste können alternativ eine Hygienemaske tragen.»
Damit es am Clubeingang keine Staus gibt, bittet die BCK die Gäste, sich schon im Vorfeld der Party auf den Websites der Clubs zu registrieren.
Den Clubs ist aber bewusst, dass diese Massnahmen nicht verhindern werden, dass es weiterhin zu Neuansteckungen kommt. «Doch wir hoffen, dass dadurch die Arbeit des Tracing-Teams vereinfacht werden kann und dass Ansteckungsketten möglichst schnell unterbunden werden können.»
Der Kanton Zürich verordnet den Zürcher Clubs nach den beiden «Superspreader-Events» in Zürich und Spreitenbach schärfere Regeln.
Ab Freitag müssen Partygäste obligatorisch ihren Namen bekanntgeben und die Richtigkeit der Angabe mittels ihrer Identitätskarte oder eines Passes beweisen. Die ID darf aber von den Clubs nicht kopiert werden. Weiter müssen die Partyleute ihre Handynummer angeben, wobei die Clubs dafür verantwortlich sind, diese zu überprüfen. Auch eine E-Mail-Adresse muss abgeliefert werden. So soll sichergestellt werden, dass das Contact Tracing im Falle einer Corona-Ansteckung möglich ist, wie Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli anlässlich einer Presseoriantierung am Mittwoch sagte. Die Leute müssen erreicht werden.
Falsche Kontaktdaten, Fantasienamen und fehlende Angaben auf den Besucherlisten des Flamingo-Clubs hatten am Wochenende die Suche nach Partygästen erschwert, die sich eventuell am 21. Juni im Club an der Zürcher Limmatstrasse infiziert hatten. Wie sich zeigte, waren sechs Männer Träger des Coronavirus gewesen, worauf 300 Personen in Quarantäne geschickt wurden
Flamingo-Club wird nicht geschlossen
Die Clubs werden zudem dazu verpflichtet, dem Kanton den verantwortlichen Betreiber sowie drei weitere Personen zu nennen, die Zugriff auf die Besucherlisten haben und von 7 bis 22 Uhr erreichbar sind. So soll sichergestellt werden, dass die Gesundheitsdirektion innert maximal zwei Stunden Zugriff auf die Kontaktdaten erhält, falls sich nachträglich herausstellt, dass eine infizierte Person unter den Gästen war.
Der Flamingo-Club, in dem es an einem Anlass am 21. Juni zu mehreren Ansteckungen gekommen ist, wird vorerst nicht geschlossen. Der Club hat laut Rickli zugesichert, die neuen Vorschriften einhalten zu können. Der Kanton wird dies am Donnerstag kontrollieren. Die SVP-Regierungsrätin kritisierte, dass der Flamingo-Betreiber mit einem Entwurf einer superprovisorischen Verfügung für eine Club-Schliessung an die Medien gelangt ist, was zu Missverständnissen geführt hat.
Rickli ritzt Kollegialprinzip
Pikant war eine Randbemerkung Ricklis zum Thema Maskenpflicht im ÖV. Sie sagte, sie sei dafür gewesen, doch habe der Regierungsrat nichts davon wissen wollen. Wer mehr erfahren wolle, müsse Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh (FDP) fragen.
Wenn ein Regierungsmitglied nach einem Beschluss ihre konträre, persönliche Meinung kundtut, ist das streng genommen eine Verletzung des Kollegialprinzips. inhaltlich spielt dies allerdings keine Rolle mehr, da der Bundesrat die Zürcher Regierung inzwischen übersteuert hat. (pu/sda)
Ricklis Botschaft zum Ende der Medienkonferenz:
«Auch wenn die Street Parade abgesagt wurde: Let's rave safe.»

«Wir sind mit allen Akteuren im Gespräch», sagte Rickli.
Man müsse alles daran setzen, dass man nicht auf Massnahmen aus der Zeit vor den Lockerungen zurückgreifen muss.
«Dann setzen wir sie um», sagte Rickli.
Ob das kontrolliert und durchgesetzt wird, müsse man dann schauen.
Meier: Heute Abend, 1. Juli.
Es ist nicht möglich zu kontrollieren, sagte Rickli. Sie appelliere an die Vernunft. «Aber wir haben auch schon die Polizei avisiert», so Rickli. Es sind auch schon Contact Tracer – also Polizisten – persönlich an Wohnorte von renitenten Personen gegangen. «Sie wurden aufgefordert, den Contact Tracern ihre Handynummer mitzuteilen», sagte Meier. So können die Virusdetektive alle paar Tage anrufen und fragen, wie es geht.
«Die Clubs dürfen das, aber wir können es nicht anordnen», sagte Jurist Schuhmacher.
Der Bundesrat hat gesagt, die App sei freiwillig, sagte Rickli. «Dann können wir nicht kommen und sagen, sie sei in gewissen Situationen obligatorisch.»
Die App funktioniert bei älteren Handys nicht, ergänzte Meier. «Dann wären diese Leute diskriminiert.»
«Wir sind gefordert», antwortete Meier. Die Schichten wurden bis 22 Uhr verlängert, es sind bis zu 25 Personen gleichzeitig am Arbeiten. «Alle Indexfälle müssen verfolgt werden.»
«Bitte macht mit, macht richtige Angaben», ruft Rickli die Clubbesucher auf. «Aber wir sind keine Polizisten, welche das kontrollieren und sanktionieren.»
Die Handynummer muss irgendwie kontrolliert werden, sagte Rickli. Das kann mit einem Bestätigungs-Code sein oder auch durch einen Kontrollanruf des Türstehers – je nach technischen Möglichkeiten.
Der Flamingo-Betreiber sagte dem «Blick», er müsse den Club schliessen. Nun ist es doch nicht so. Wie kommt es dazu? Rickli sagte, der Betreiber habe den Entwurf der superprovisorischen Verfügung den Meiden zugespielt. Doch zu diesem Zeitpunkt sei er noch nicht angehört worden. Danach habe er glaubhaft machen können, dass er seine Gästeliste besser führen will als am 21. Juni, als ein Drittel der Gäste Fake-Angaben machte. Auch figurierten die sechs angesteckten Männer nicht auf der Gästeliste, welche an die Behörden ging.
«Ich bin für eine Maskenpflicht im ÖV, aber der Regierungsrat ist dagegen», sagte Natalie Rickli und verwies an Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh (FDP).
Auch dort wären sauber geführte Listen sinnvoll, sagte Meier.
«Das ist nicht realistisch», sagte Meier. Deshalb sind saubere Listen mit den korrekten Angaben der Gäste nötig.
Inzwischen sei sie überzeugt, dass es eine Maskenpflicht im ÖV braucht, sagte Meier.
Wenn eine Person nachweislich mehr als zwei Personen ansteckt, ist sie bereits ein Superspreader, sagte Christiane Meier. Also jemand, der das Coronavirus stark verbreitet. Wenn an einer Party ein Superspreader auftritt, muss der Rest der Gäste in Quarantäne.
«Wenn wir von einem Fall erfahren, von dem wir nicht wissen, ob er andere angesteckt hat, muss keine Massenquarantäne angeordnet werden», sagte Meier weiter, womit sie auf den Fall Plaza anspielte.
Indoor sei die Ansteckungsgefahr viel grösser, sagte Meier. Singen und laut reden ist am gefährlichsten.
«Wir müssen mit dem Virus leben», so Meier.

Christiane Meier sagte, sie erwarte für heute über 50 neue positive Fälle. «Das Contact Tracing ist Handarbeit», sagte die interimistische Kantonsärztin. Knochenarbeit.
Die Liste mit den Gästen muss bei Bedarf innert zwei Stunden bei der Gesundheisdirektion sein, sagte Schuhmacher. Drei Kontaktpersonen muss ein Club angeben.
Eine der drei Personen muss von 7 bis 22 Uhr erreichbar sein.
Strafen bei Widerhandlung seien möglich, sagte Schuhmacher. Man wolle aber darauf verzichten.

Wir müssen die Adresse, die Handynummer und die E-Mail-Adresse der Gäste kennen, sagte Christian Schuhmacher, stellvertretender Generalsekretär und Leiter Rechtsabteilung. «Das muss bewiesen werden, etwa durch einen Anruf vor Ort.»
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