Wie hoch steigt der Euro zum Franken noch?
Die Marke von 1.10 ist geschafft. Wo Währungsexperten den Franken-Euro-Kurs in den nächsten Monaten sehen.

Von tief betrübt zu hoch jauchzend innerhalb eines Dreivierteljahres – so lässt sich der radikale Stimmungsumschwung der Märkte bezüglich der Eurozone umreissen. Die mentale Aufhellung, im Verbund mit dem unerwartet starken konjunkturellen Aufschwung in den Nachbarländern, ist die treibende Kraft für den Euro. Mit dem aktuellen Kurs von 1.1058 Franken – dem höchsten seit über einem Jahr – wurde die europäische Gemeinschaftswährung seit Mitte April um mehr als 3 Prozent und seit Jahresbeginn um gut 3,5 Prozent aufgewertet.

«Sehr viele Akteure mussten sich mit Blick auf den Euroraum neu ausrichten und ihren Pessimismus ablegen», sagte Karsten Junius, Chefökonom der Privatbank J. Safra Sarasin. Nach dem Brexit-Votum und der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten im letzten Jahr befürchteten die meisten Beobachter mit Blick auf den diesjährigen Wahlkalender in Europa ähnliche «Unfälle», so Junius. Doch es kam anders: Sowohl die Präsidentenwahlen in Österreich als auch die Parlamentswahlen in den Niederlanden und die Wahlgänge in Frankreich «endeten mit einem Ergebnis, das man vor einem Jahr kaum erwartet hatte», führte Anastassios Frangulidis, Chefstratege von Pictet Asset Management, aus.
«Der davon ausgehende Rückenwind für den Euro dürfte in den nächsten Monaten anhalten», zeigte sich Junius überzeugt. Umgekehrt bietet der rosigere politische und wirtschaftliche Ausblick für Europa – und die insgesamt anziehende Weltkonjunktur – weniger Anlass für Investoren zur Flucht in sichere Häfen wie den Schweizer Franken.
Franken weniger attraktiv
Manuel Ferreira, Leiter Anlagestrategie und Volkswirtschaftsresearch bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB), erwartet vielmehr, dass jetzt aus der Schweiz heraus wieder vermehrt Anlagen ins Ausland abfliessen. «Damit würde einer der hausgemachten Gründe für die Frankenstärke an Wirkung verlieren», sagte Ferreira. Darüber hinaus, so der ZKB-Mann, sähen sich Schweizer Exporteure in einem derart verbesserten Umfeld weniger zu Währungsabsicherungen veranlasst – was ebenfalls zur Schwächung des Frankens beitragen würde.
Der Euro hat indes zu Dollar, Pfund und Yen noch merklich stärker an Wert gewonnen als zum Franken, wie Frangulidis sagte. Er erwartet auch keine weitere deutliche Aufwertung der Gemeinschaftswährung zum Franken beim jetzigen Kurs: «Allenfalls wird der Euro noch auf 1.12 Franken zulegen, einen Anstieg auf 1.15 bis 1.20 Franken im Laufe dieses Jahres kann ich mir jedoch nicht vorstellen.» Vielmehr, so der Pictet-Experte, dürfte sich der Kurs leicht über der Schwelle von 1.10 Franken einpendeln. Seine Prognose deckt sich damit in etwa mit jener von J. Safra Sarasin und ZKB, die per Ende 2017 von einem Wechselkurs von um die 1.10 Franken ausgehen.
Etwas Luft für die Nationalbank
Hierbei ist laut Karsten Junius zu berücksichtigen, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) kaum mehr zu Interventionen am Markt gezwungen sei, um dieses Kursniveau zu halten. Noch bis vor kurzem habe die Nationalbank «permanent intervenieren» müssen, weil sich andernfalls der Euro auf 1.05 Franken und weniger abgewertet hätte.
Auch der Umstand, dass sich die Differenz zwischen Euro- und Frankenzinsen jüngst etwas vergrössert habe, «verschafft der SNB etwas Luft», wie Junius hinzufügte. Gewichtigen Anteil am Anstieg der Langfristzinsen im Euroraum hatte die neu angeschlagene Tonart von Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB). Sie stellt nach Meinung von Ferreira eine «qualitative Änderung» dar: Das von Draghi gezeichnete positivere Konjunkturbild für die Euroländer lege es nahe, dass die EZB ab 2018 eine «weniger expansive Geldpolitik» betreiben werde.
Einig sind sich die drei befragten Experten in der Einschätzung, dass beim derzeitigen Wechselkurs nicht mehr von einer «deutlichen Überbewertung» des Frankens gesprochen werden kann, wie dies die SNB tut. Laut Anastassios Frangulidis ist «der Franken gar nicht mehr so überbewertet». Auf 1.14 Franken veranschlagt er eine faire Bewertung.
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