Wie stark ist der IS in Libyen?
Die libysche Stadt Sirte könnte das neue Raqqa werden. Eine UNO-Studie beurteilt die Schlagkraft der Terrormiliz in Libyen.

Der Islamische Staat (IS) gerät in Syrien und im Irak militärisch immer stärker unter Druck. Darum strebt er Medienberichten zufolge eine Expansion in Libyen an. Sirte könnte zu einer neuen Hochburg des IS werden. Mehr als 2000 IS-Kämpfer sollen sich bereits in der libyschen Küstenstadt festgesetzt haben. Der IS hatte schon im letzten Februar weite Teile von Sirte erobert. Seit Mai hat er die Kontrolle über die Stadt mit etwa 100'000 Bewohnern. Präsent ist der IS auch in der Hafenstadt Derna.
Falls die Extremisten in ihrer syrischen Hochburg Raqqa in Bedrängnis geraten sollten, könnte der IS weitere Einheiten nach Libyen verlegen. Vor allem Italien ist alarmiert, denn die libysche Küste ist keine 700 Kilometer von Sizilien entfernt.
Mohammed Eljarh, Libyen-Experte des Nahost-Rafik-Hariri-Zentrums vom Atlantic Council, sagte in einem CNN-Interview, dass aktuell «sehr viel Bewegung» ausserhalb der wichtigen Ölterminals und am Hafen von Sirte zu beobachten sei. Der Verkauf von Erdöl ist eine der wichtigsten Einnahmequellen der Terrormiliz. In der Propaganda wird Sirte bereits als neues Hauptquartier des IS bezeichnet.
IS breitet sich nur langsam aus
Über die Präsenz des IS in Libyen liegt nun eine neue Studie vor, verfasst von einer Beobachtungsmission der Vereinten Nationen. Nach Ansicht der UNO-Experten breitet sich der IS in Libyen nur langsam aus. Sie gehen davon aus, dass die Terrormiliz bis zu 3000 Kämpfer in Libyen hat.
Der IS sei zwar in der Lage, im ganzen Land Terroranschläge zu verüben, seine begrenzte Zahl an Kämpfern verhindere allerdings eine rasche Ausbreitung, meinen die Experten. Dazu komme, dass die Terrormiliz in Libyen – im Gegensatz zu Syrien und dem Irak – weniger von Konfessionskonflikten profitieren und einheimische Kämpfer rekrutieren könne. Für eine Expansion in Libyen brauchte der IS lokale Partner, heisst es in der Studie. Solche Allianzen aufzubauen, sei aber nicht einfach, weil im libyschen Bürgerkriegschaos die Loyalitäten rasch wechselten und weniger ideologiegetrieben seien als im Irak und in Syrien. Aktuell seien die Expansionsmöglichkeiten des IS begrenzt, solche Risiken könnten in Zukunft aber nicht ausgeschlossen werden.
IS-Machtübernahme in Derna verhindert
Seit dem Ende des Ghadhafi-Regimes vor vier Jahren herrscht politisches Chaos in Libyen. Es gibt eine islamistische Regierung in der Hauptstadt Tripolis und eine international anerkannte in Tobruk ganz im Osten des Landes. Zahlreiche Milizen kämpfen um Macht und Geld. Der IS ist eine relativ neue Kraft im libyschen Bürgerkrieg, und er steht in Konkurrenz zu anderen jihadistischen Gruppierungen.
Eine politische Einigung in Libyen ist nach Einschätzung von Beobachtern der einzige Weg, den IS effektiv zu bekämpfen. Als Beispiel dafür gilt die Hafenstadt Derna. Dort hatten gemeinsam kämpfende Milizen und Bürger die Machtübernahme durch den IS vereitelt. Geblieben ist aber die Befürchtung, dass der IS von Sirte aus die Städte Misrata im Westen und Benghazi im Osten des Landes angreift.
Artikel mit Material der Nachrichtenagentur SDA.
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