Wil droht der nächste Kollaps
Die türkischen Besitzer haben sich vom FC Wil zurückgezogen. Die Spieler müssen auf bis 80 Prozent ihrer Löhne verzichten.

Es fliesst kein Geld mehr aus der Türkei nach Wil. Was sich schon angedeutet hatte, wurde nun bestätigt: Die Spieler des Ostschweizer Challenge-League-Klubs wurden heute Vormittag von Vizepräsident Roger Bigger dahingehend informiert, dass die Schwierigkeiten sich ausgeweitet haben, Mehmet Nazif Günal, der mit seiner Baufirma MNG seit Juli 2015 die Aktienmehrheit am Challenge-League-Klub hielt, habe sein Aktienpaket an einen anderen Türken verkauft. Dessen Identität wurde bislang nicht bekannt. Wenn die Spieler auf 70 bis 80 Prozent ihres Lohns verzichten würden, so eröffnete ihnen Bigger weiter, dann könnte es allenfalls weitergehen. Die Spieler liessen in einer ersten internen Reaktion offenbar verlauten, sie wollen weiterspielen. Um 18 Uhr will der Verein über die neuesten Entwicklungen informieren.
Die türkische Luftblase
Das Ende von Günal mit seiner MNG ist keine Überraschung. Es war von Anfang an diffus, welche Ziele er mit seinem Projekt konkret verfolgt, wieso er sich, als angeblich milliardenschwerer Unternehmer, überhaupt in die Ostschweizer Provinz verirrte. Schwadroniert wurde nur, er wolle mit Wil den Durchmarsch von der Challenge League in den internationalen Fussball schaffen. Der Aufstieg in die Super League wurde dafür als Normalität vorausgesetzt.
Spieler wurde mit teilweise horrenden Salären in die Ostschweiz gelockt, auch diverse Altstars wie André Santos, Mert Nobre, Egemen Korkmaz oder Johan Vonlanthen. Die erste Saison endete mit Platz 3, einem Verlust von 10,5 Millionen Franken und diversen Trainerwechseln. Die laufende Saison verläuft sportlich noch enttäuschender: Platz 4 mit 21 Punkten Rückstand auf Leader Zürich. Wieder hat es diverse Trainerwechsel gegeben.
Letzten Donnerstag folgte die Nachricht, dass die Löhne für den Januar nur mit Verspätung bezahlt werden könnten. Es war nur der Anfang vom schnellen Ende.
Eskapaden ohne Ende
In Wil sind solche Eskapaden nichts Neues. Im November 2002 flog der Betrug des damaligen Präsidenten Andreas Hafen auf, der bei der UBS 48 Millionen Franken veruntreut und davon 10 Millionen in den Spielbetrieb des FC Wil gesteckt hatte. Ein gutes halbes Jahr später stieg eine ukrainische Gruppe um den früheren Spitzenfussballer Igor Belanow ein und kaufte für 1,15 Millionen Franken 51 Prozent der Aktien, um den drohenden Konkurs abzuwenden. Das Chaos griff vom ersten Tag um sich und führte zur Nachlassstundung im Frühjahr 2004. Roger Bigger inszenierte sich als Retter, nachdem er den Verein den Ukrainern verkauft hatte. Er kehrte als Präsident zurück. Und war es nun auch, der ihn an Günal verkaufte.
Die Geschichte in Wil ist die nahtlose Fortsetzung von Ausländern, die sich im Schweizer Fussball breit machen wollten. Der Kameruner Gilbert Kadji ruinierte den FC Sion, der Pole Waldemar Kita hinterliess in Lausanne 4 Millionen Schulden, der Franzose Marc Roger, später der Iraner Majid Pishyar und schliesslich auch der Kanadier Hugh Quennec türmten bei Servette Millionenschulden und waren teilweise für Lizenzentzüge verantwortlich. Der Übelste von allen war Bulat Tschagajew, der Xamax nach seinem Einstieg 2011 innert weniger Monate in den Konkurs und zur Neugründung trieb. Der Tschetschene wurde zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
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