«Wir fluten unsere Städte mit Waffen»
Der Ex-Soldat Micah Johnson erschoss fünf Polizisten in Dallas. US-Amerikaner aller politischen Lager kommen in Trauer zusammen – so auch Bush und Obama.
US-Präsident Barack Obama bekundete in Dallas den fünf getöteten Polizisten seinen Respekt und begab sich damit auf eine emotionale Gratwanderung. Zum einen galt es, die Trauernden zu trösten. Zum anderen musste er die Aufgebrachten beruhigen. Und das in einem Klima stetig wachsender Spannungen und Emotionen, in denen sich die Fronten zwischen Protestlern und Polizisten, Schwarzen und Weissen, Republikanern und Demokraten zunehmend verhärten.
Für Obama ist dies eine Aufgabe, an die er sich während seiner ganzen Präsidentschaft versuchen musste – mit gemischten Ergebnissen. Allzu oft musste er sich nach Gewaltakten, etwa in Tucson im Staat Arizona und in Charleston in South Carolina, an seine Landsleute wenden.
Die Gedenkfeier
Bürgermeister Mike Rawlings rief zu Beginn der ökumenischen Zeremonie zu gesellschaftlichem Zusammenhalt im Kampf gegen die Gewalt auf. Dazu zählte er den «Zusammenhalt von Polizei und Bürgern».
Ex-Präsident George Bush würdigte die Polizeikräfte der USA. «Ihr Mut ist unser Schutz und Schild», sagte Bush. Amerika müsse sich seiner Ideale erinnern. «Manchmal wirkt es, als seien die Kräfte, die uns auseinanderreissen, stärker als die, die uns zusammenhalten.» Er fügte hinzu: «Zu oft beurteilen wir andere Gruppen anhand ihrer schlechtesten Beispiele, während wir bei uns selbst immer von den besten Absichten ausgehen.»
Obamas Rede
US-Präsident Obama sieht trotz Fortschritten auf dem Weg zur Überwindung ethnischer Konflikte anhaltende Vorurteile in Amerika. «Trotz der Verbesserungen gibt es wenig Trost für diejenigen, die Opfer von Gewalt werden. Wir müssen uns fragen, ob die Gräben zwischen den Ethnien in Amerika jemals überbrückt werden können», sagte Obama am Dienstag bei einer Gedenkfeier für fünf ermordete Polizisten in Dallas.
Tödliche Polizeikugeln auf zwei Afroamerikaner und die Ermordung von fünf Polizisten durch einen Schwarzen haben in der vergangenen Woche die USA aufgewühlt.
«Amerika, wir wissen, dass es immer noch Vorurteile gibt», rief Obama. Die Diskriminierung habe sich nicht einfach in Luft aufgelöst. Dennoch habe sich das Verhältnis von Schwarz und Weiss in seiner Lebensspanne dramatisch verbessert, sagte Obama. «Wer das verneint, der verlacht den Kampf.»
Der Verzweiflung widerstehen
«Ich bin hier, um darauf zu bestehen, dass wir nicht so gespalten sind wie es den Anschein hat», sagte der Präsident. «Gegen alle Wahrscheinlichkeit sind wir schon so weit miteinander gekommen. Wir müssen der Verzweiflung widerstehen.» Amerikaner müssten einander ihre Herzen öffnen, um die Gräben zu überwinden. Zu den Protesten vor allem von Afroamerikanern nach dem Tod zweier Schwarzer in den Staaten Minnesota und Louisiana sagte Obama: «Wir können uns nicht einfach umdrehen und in allen, die friedlich protestieren, Unruhestifter oder Paranoide sehen.»
«Wer dazu aufruft, der Polizei Gewalt anzutun, der erweist der Gerechtigkeit einen Bärendienst», fügte Obama mahnend hinzu. Farbige und Weisse erlebten das Justizsystem vollkommen unterschiedlich, sagte Obama. «Auch erlauben wir der Armut, sich in den Städten festzusetzen. Wir geben zu wenig Geld für Drogenprogramme.»
Den Schmerz hören
Auch diejenigen, die mit der Formulierung Black Lives Matter nichts anfangen können, «müssen in der Lage sein, den Schmerz der Familie von Alton Sterling zu hören», sagte Obama. Sterling war einer der beiden kürzlich unter fragwürdigen Umständen getöteten Schwarzen. Black Lives Matter ist der Name einer Bürgerrechtsbewegung mit grossem Zulauf. Ihre Kritiker sagen, dass nicht nur schwarze, sondern alle Leben zählten.
Obama kritisierte die Vielzahl an Waffen im Land. «Wir fluten unsere Städte mit Waffen. Für Kinder ist es leichter, eine Glock-Pistole in die Hand zu bekommen als ein Buch oder einen Computer.»
Der Präsident würdigte die Rolle der Polizei. «Wir haben in unseren Strassen keine Soldaten oder Milizen, sondern öffentlich Bedienstete.» Die USA seien auf der Herrschaft des Rechts begründet. «Polizisten hören nicht oft ein Dankeschön. Vor allem nicht von denen, die sie am meisten brauchen.»
Appell an die Einheit der Nation: Die Rede von Präsident Obama an der Gedenkfeier in Dallas. Video: Youtube
In Dallas hatte am Donnerstag ein Attentäter während einer Demonstration gegen den Tod von Afroamerikanern durch Polizeigewalt fünf Polizisten aus dem Hinterhalt erschossen. Der 25-jährige afroamerikanische Heckenschütze, der einige Stunden später von der Polizei in einer Parkgarage getötet wurde, verletzte durch seine Schüsse ausserdem neun weitere Beamte sowie zwei Zivilisten.
SDA/mch
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