«Wir sehen zu, wie eine ganze Generation ausgelöscht wird»
Nach eineinhalb Jahren der Gewalt in Syrien schlägt die UNO Alarm wegen der Situation der Flüchtlinge. Vor allem die Türkei machte sich bei einem Treffen des Sicherheitsrats in New York für Schutzzonen stark.

Mit einem eindringlichen Appell hat die Türkei einen widerstrebenden Sicherheitsrat aufgefordert, Schutzzonen für die syrische Zivilbevölkerung einzurichten. «Wie lange werden wir zusehen, wie eine ganze Generation mit willkürlichen Bombardements ausgelöscht wird?», fragte der türkische Aussenminister Ahmet Davutoglu die Mitglieder des höchsten UNO-Gremiums.
Grossbritannien und Frankreich signalisierten Sympathie, Russland und China Ablehnung. Moskau und Peking haben mit ihrem Veto als ständiges Mitglied bereits drei Resolutionen gegen Syrien verhindert.
Aber auch bei den USA, Frankreich und Grossbritannien gibt es Skepsis bezüglich der Durchsetzung von Schutzzonen, verlautete aus diplomatischen UNO-Kreisen. «Zurzeit ist da noch niemand», sagte ein Diplomat.
Zum Komplizen werden
Davutoglu schien das direkt anzusprechen. Er mahnte, wer nicht gegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit einschreite, «wie sie vor unseren Augen» in Syrien begangen würden, werde zum Komplizen. Er sei mit der Hoffnung nach New York gekommen, der Sicherheitsrat werde «lange überfällige Schritte» machen, um den leidenden Menschen zu helfen und Lager für sie in Syrien zu errichten.
«Offenkundig lag ich mit meinen Erwartungen falsch», sagte er. «Dieses Treffen wird nicht einmal mit einer Präsidiumserklärung oder Pressemitteilung enden, geschweige denn einer robusten Resolution.»
Der syrische UNO-Botschafter Bashar Dshaafari sagte, es gebe Sicherheitsratsmitglieder, die humanitäre Hilfe als Vorwand für eine militärische Intervention förderten. Er nannte keine Namen. Frankreich und Grossbritannien schlossen aber bereits vor der Sitzung keine Option aus – auch nicht die einer militärisch erzwungenen Flugverbotszone zum Schutz der Zivilbevölkerung.
Nicht ohne Militär
Allerdings sei die von der Türkei geforderte Einrichtung von Schutzzonen für Flüchtlinge ohne militärisches Eingreifen nicht durchsetzbar und werde daher im Sicherheitsrat derzeit keine Unterstützung finden, sagte der britische Aussenminister William Hague. «Aber für die Zukunft schliessen wir keine Option aus», fügte er hinzu. Sein französischer Kollege Laurent Fabius erklärte, London und Paris seien sich in diesem Punkt «ganz und gar einig».
Der russische UNO-Botschafter Witali Tschurkin sah die Haltung seiner Regierung dagegen von einer Äusserung des UNO-Flüchtlingskommissars Antonio Guterres bestätigt, dass es wichtiger sei, die syrischen Grenzen für Flüchtlinge offenzuhalten.
Keine Lösung
«Bittere Erfahrung zeigt, dass es selten möglich ist, effektiven Schutz und Sicherheit in solchen (Schutz-)Zonen zu gewährleisten», sagte Guterres. Tschurkin sagte, einseitige Sanktionen von den USA und der EU erhöhten die Not des syrischen Volkes. Die humanitäre Lage der gesamten syrischen Bevölkerung müsse verbessert werden.
Der chinesische UNO-Botschafter Li Baodong sagte, der türkische Vorstoss sei keine Lösung. «Die Lösung ist ein Waffenstillstand, Einstellung der Gewalt und die Implementation eines politischen Prozesses», sagte Li.
Kofi Annan legt Amt nieder
Kofi Annan legt heute offiziell sein Amt als Syrien-Sondergesandter der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga nieder.
Der frühere UNO-Generalsekretär hatte Anfang des Monats aus Enttäuschung über ausbleibende Fortschritte im Bemühen um eine friedliche Lösung des Syrien-Konflikts seinen Rücktritt erklärt. Für das Scheitern seiner Mission machte Annan unter anderem die mangelnde Unterstützung im UNO-Sicherheitsrat verantwortlich.
Der Sechs-Punkte-Plan zur Beilegung der Gewalt, den Annan im April vorlegte, stiess sowohl bei den syrischen Regierungstruppen als auch bei den Rebellen auf taube Ohren. Nachfolger Annans wird der frühere algerische Aussenminister Lakhdar Brahimi.
SDA/wid
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