«Wir setzen extrem auf die Jungen»
Jürg Bircher (45), der Präsident der Kloten Flyers, zieht nach dem Saisonende Bilanz und spricht über die Wechsel in der Mannschaft und das Loch in der Kasse.
Jürg Bircher, mit welchen Gefühlen blicken Sie auf die Saison zurück, die am Donnerstag zu Ende ging?
Wenn man eine Serie 0:4 verliert, ist zuerst immer eine Enttäuschung da, auch wenn man in den Halbfinals war. Es war insgesamt eine schwierige Saison mit einem «rüdigen» Druck auf uns alle. Die Erwartungen im Umfeld waren sehr hoch. Die vielen Wechsel in der Garderobe zu Beginn der Saison waren nicht positiv. Nach dem Start hatten wir dann diese Verletzungsmisere, als bis zu zehn Spieler ausfielen. Diese Phase haben wir passabel bis gut überstanden. Ich glaube, andere Organisationen hätten das Playout unter solchen Vorzeichen nicht verhindern können.
Der Erfolg gegen den HCD rettete die Saison doch noch?
Wir haben den angestrebten vierten Rang in der Qualifikation nicht erreicht. Dafür hat die Serie gegen den HCD alles gehalten, was die Affiche versprach. Der Sieg hat unsere Moral gestärkt, dachte ich danach. Doch in Bern waren wir nicht bereit. Und in Kloten sind wir im zweiten Match voll in den Hammer gelaufen. Die Mannschaft hat dann alles versucht. Aber Bern war uns physisch überlegen, hatte mehr Energie. Wir müssen aber schon hinterfragen, weshalb das so war.
Welche positiven Aspekte nehmen Sie sonst mit in die Ostern?
Wir sind wieder in die Halbfinals gekommen. Andere Klubs wären froh, wenn sie solche Sorgen hätten. Die jungen Spieler wie Bodenmann oder Hollenstein haben sich sehr erfreulich entwickelt. Und in den schwierigen Monaten im Herbst ist keine Unruhe aufgekommen. Das bewerte ich als positiv.
Sie haben bei Ihrem Amtsantritt gesagt, Kloten sei zum Spitzenklub verdammt. Gilt das immer noch?
Ja, sicher. Wir können mit der Konkurrenz im Unterhaltungsbereich der Agglomeration Zürich nur als Top-6-Klub überleben. Daran wird sich nichts ändern.
Wie gross ist das Defizit aus der Laufenden Rechnung?
Wir werden das Geschäftsjahr mit einem Minus von zwischen 400 000 und 500 000 Franken abschliessen. Die Ausgaben werden damit auf rund 12,2 Millionen steigen. Positiv hat sich ausgewirkt, dass wir im Marketing und bei den Zuschauereinnahmen über Budget abschliessen. Da wurde sehr gut gearbeitet. Die Rechnung belasteten vor allem die neuen Ausländer.
Übersteigt die Transferoffensive, die Sie diese Saison starteten, nicht die Klotener Möglichkeiten?
Nein. Wir haben mit Lemm, Bieber und Blum drei junge Zürcher Topspieler verpflichtet, dazu mit DuPont einen ausländischen Verteidiger. Sportchef Suhonen muss nun mit den Trainern eine Liste mit Spielern erstellen, die den Klub verlassen werden. Wir wollen nicht mehr ausgeben, als wir einnehmen.
Das sagen alle. Zurzeit haben Sie sechs Ausländer unter Vertrag - DuPont, Hamr, Forrest, Bell, Santala, Rintanen. Das ist ein Luxus.
Ich kann zurzeit nur festhalten, dass wir mit vier in die nächste Saison steigen.
Was geschieht, wenn der verletzte Verteidiger Hamr im September noch nicht einsatzfähig ist?
Da gibt es verschiedene Szenarien. Ich könnte mir sogar vorstellen, nur mit drei Ausländern zu beginnen. Grundsätzlich glaube ich, dass diese Saison gezeigt hat, dass wir den Prozess der Ablösung der «Alten» forcieren müssen.
Roman Wick hat offenbar konkrete Angebote aus der NHL. Wenn er geht, fällt ein grosser Lohnposten weg.
Wick hat in seinem Vertrag eine Klausel, dass er bis 15. Juli in die NHL wechseln kann. Bis zu seiner Entscheidung stehen wir Gewehr bei Fuss. Wir wären stolz, wenn er den Schritt wagen würde. Und wir stehen ihm sicher nicht im Weg. Beim Olympiaturnier hat er wirklich unglaubliches Hockey gespielt. Im Playoff konnte er dies nicht mehr ganz zeigen.
Was soll sich im Kader der Flyers auf Dauer ändern?
Wir setzen in Zukunft extrem auf die Jungen. Wir werden ihnen so viel Vertrauen schenken, wie es Del Curto in Davos tut. Vielleicht haben wir das in den vergangenen Jahren zu wenig getan. Erfreulich ist auch die jüngste Entwicklung im Nachwuchssektor in Kloten. Da wachsen wieder viele Talente heran. Da haben wir die richtigen Weichen gestellt. Die Flyers haben in den letzten zwei Jahren mit den Vertragsverlängerungen und Transfers in die Jugend investiert. Wir werden bald auch ernten können. Das Gerippe der Zukunft steht.
Eldebrinks Vertrag läuft 2011 aus.
Wir alle arbeiten sehr gerne mit Eldebrink zusammen. Er hat jetzt eine schwierige Saison gut abgeschlossen. Darauf kann er stolz sein. Und sicher ist, dass Kontinuität auch ein Wert ist. Was sollen wir mit einem neuen Trainer, der tobt, flucht und sich nach einem Jahr oder schon früher abgenutzt hat? Die Frage ist dann auch, was Eldebrink will. Er hat zuletzt lukrative Offerten aus dem Ausland abgelehnt.
Sie sind seit anderthalb Jahren Präsident der Flyers. Welche Veränderungen sehen Sie abseits des Eises?
Der ganze Klub hat meiner Meinung nach mit seinem Auftritt an Dynamik gewonnen. Wir haben dank Geschäftsführer Roger Kuhn auch die kleine Gruppe von Anhängern, die mich am Anfang beschimpft hat, einigermassen unter Kontrolle. Kein Verständnis habe ich für diejenigen Fans, die einen Reporter von Teleclub massiv bedrohten, weil er die Klotener Leistung in Bern sehr kritisch kommentierte. Das ist eine sehr bedenkliche Entwicklung. Jürg Bircher: «Wir können nur als Top-6-Klub überleben.» Foto: Doris Fanconi
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