Daniel Ammann: «King of Oil - Marc Rich» Einblicke ins Leben des einst mächtigsten Rohstoffhändlers Von Jürg Rüttimann, SDA Kritik
In «King of Oil», das am Dienstag in einer deutschsprachigen Fassung erschienen ist, porträtiert der Journalist Daniel Ammann den Rohstoffhändler Marc Rich.
Das detailreiche Buch vermag das Unbehagen gegenüber dem mächtigen Wirtschaftsführer aber nicht zum Verschwinden zu bringen. Für sein Buch hat Ammann das geschafft, was anderen Journalisten zuvor jahrzehntelang verwehrt war: Er ist dem seit den Achtzigerjahren in der Schweiz wohnhaften Rich physisch näher gekommen. Er hat mit ihm mehrstündige Gespräche geführt und ihm beim Skifahren und einem Frühstück Gesellschaft leisten können. In «King of Oil», das den Untertitel «Vom mächtigsten Rohstoffhänder der Welt zum Gejagten der USA» trägt, ist daher einiges zu erfahren über den Mann, der als Kind vor den Nazis in die USA fliehen musste, eine beispiellose Karriere im Rohstoffhandel machte und wegen Steuervergehens und Handels mit dem Iran lange auf der Liste der meistgesuchten Männer des US-Geheimdienstes FBI stand. Die Geschichten, wie Rich in Kuba, Angola, Jamaika und Südafrika mit Rohstoffen handelte, lesen sich wie ein spannender Roman. Mit Erstaunen erfährt der Leser etwa von einer Pipeline, mit der das von den arabischen Ländern boykottierte Israel mit Richs Hilfe Ende der 60er-Jahre iranisches Erdöl importierte. Zumindest einer breiten Öffentlichkeit nicht bekannt waren aber auch die Umstände, wie Rich aus seinem Firmenimperium austrat. Das Buch enthält sogar Angaben zum Preis, den der heute 75-Jährige für seinen Konzern, der heute Glencore heisst und das umsatzstärkste Unternehmen mit Sitz in der Schweiz ist, gelöst hatte. Mythos zusätzlich genährt Ammann beschäftigt sich bereits seit Jahren mit Rich, und dennoch lässt er die vielen Mythen, die sich um den verschwiegenen Milliardär ranken, nicht aus. Im Gegenteil, er nährt diese mit seinem Buch, das für den diesjährigen deutschen Wirtschaftsbuchpreis nominiert worden ist, sogar noch zusätzlich. So schildert Ammann seine Begegnungen mit Rich aus der Ich- Perspektive und seine Erzählweise wird träumerisch und verklärend, wenn er etwa vom ersten Arbeitstag Richs beim Rohstoffhändler Philipp Brothers schreibt. Gar kitschig wirkt die Passage, wo Rich für ein Geschäft just jenen Frachter chartert, mit dem seine Eltern und er einst von den Nazis flüchteten. Ammann hält auch nicht zurück mit Superlativen, um Rich den Lesern näher zubringen. So zitiert er einen Informanten, der den Porträtierten als «Karl Marx der erdölproduzierenden Ländern» bezeichnet. Er selbst schreibt von Rich als «Protoyp des globalisierten Managers» und als «modernen Faust des Rohstoff- Zeitalters». Journalist wird zum Anwalt Am Ende des Buches hat der Leser zwar viel Neues über den einst so mächtigen Rohstoffhändler erfahren, über seine Geschäftsphilosophie und wie er zum Staatsfeind der USA wurde. Ob Rich aber in den 90er-Jahren zu Unrecht zum Symbol des geldgierigen, skrupellosen Gechäftemachens stilisiert wurde, lässt sich auch nach 300 Seiten Lektüre nicht beantworten. Denn obwohl das Buch einige kritische Stimmen enthält, entpuppt sich Ammann letztlich mehr als Anwalt von Rich, denn als kritischer Journalist. Schliesslich schreibt er über eine Person, deren Erfolg auch auf Geschäften beruhte, die moralisch hinterfragt werden können und es auch wurden. Notiz: Daniel Ammann, «King of Oil - Marc Rich», Orell Füssli Verlag, 318 Seiten.
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