Das Phantom der Super-Milliardäre
Ausgerechnet aus dem kriselnden Spanien kommt der bislang kaum bekannte drittreichste Mann der Welt. Inditex-Gründer Amancio Ortega ging als 13-Jähriger von der Schule und machte dann eine steile Karriere.

Inmitten der spanischen Wirtschaftskrise hat es ausgerechnet ein weitgehend unbekannter Mann aus der Provinz Galicien zum drittreichsten Mann der Welt geschafft. Der Textilunternehmer Amancio Ortega, zu dessen Imperium die Modekette Zara gehört, ist nach Berechnungen des US-Magazins «Forbes» rund 56 Milliarden Euro schwer. Der Sohn eines einfachen Eisenbahn-Arbeiters hat die Textilwelt revolutioniert. Doch in der Öffentlichkeit bleibt Ortega ein Phantom.
«Auf der Strasse will ich nur von meiner Familie, meinen Freunden und den Menschen, mit denen ich arbeite, erkannt werden», sagte Ortega in einem seiner seltenen Interviews, das er Covadonga O'Shea gab. Die Journalistin durfte auch die einzige Biographie über den heute 76-Jährigen herausbringen.
Anders als der mexikanische Telekom-Magnat Carlos Slim und Microsoft-Gründer Bill Gates, die auf Platz eins und zwei in der Forbes-Liste rangieren, hat Ortega schillernde Auftritte vermieden. Kaum jemand würde in dem gemütlichen Mann mit dem silbernen Haarkranz und dem schüchternen Lächeln den Gründer von Inditex erkennen, dem grössten Textilunternehmen der Welt.
Schneller Wechsel als Schlüssel zum Erfolg
Ortega musste schon im Alter von 13 Jahren die Schule verlassen, um als Verkäufer in einem Hemdenladen der nordspanischen Hafenstadt La Coruña Geld zu verdienen. Nur vier Jahre später gründete er bereits seinen eigenen Betrieb. Zunächst auf Textilgrosshandel spezialisiert, eröffnete er 1975 sein erstes Geschäft der Marke «Zara». Von La Coruña expandierte er rasch: 1988 machte er die ersten Läden in Portugal auf, 1989 folgten die USA und 1990 Frankreich.
Heute hat Inditex 5887 Geschäfte in 86 Ländern und beschäftigt mehr als 100.000 Menschen. Neben Zara gehören Modeketten wie Massimo Dutti, Oysho und Bershka zum Unternehmen. Die internationale Aufstellung der Textilgruppe hat Inditex von regionalen Schwankungen wie der spanischen Krise unabhängig gemacht. Allein in den ersten drei Quartalen 2012 stieg der Unternehmensgewinn um 27 Prozent.
Der Schlüssel zum Erfolg des Konzerns ist der schnelle Wechsel in den Geschäften: Mehr als 40 Prozent der Ware werden jede Woche ausgetauscht. Mehr als die Hälfte der Kleidung wird in Europa und Marokko produziert, was die Transportkosten gering hält. Während der Konzern zunächst grosse Marken wie Chanel kopierte, beschäftigt er heute selbst 600 Designer.
Tochter soll das Ruder übernehmen
Im Juni 2011 trat Ortega, der zwei Mal verheiratet war und drei Kinder hat, vom Posten des Vorstandsvorsitzenden der Inditex-Gruppe zurück. Seine langjährige Nummer Zwei, der 49-jährige Jurist Pablo Isla, übernahm.
Gänzlich hat Ortega die Kontrolle aber nicht abgegeben. Er nimmt weiter über seinen Sitz im Verwaltungsrat Einfluss und hält mit 59,3 Prozent den grössten Aktienanteil an Inditex. Dieses Paket hat zu Ortegas Aufstieg auf der «Forbes»-Liste beigetragen: Im vergangenen Jahr stieg der Wert der Inditex-Aktien um über 60 Prozent auf über 100 Euro pro Stück.
Eines Tages soll Ortegas 29-jährige Tochter Marta das Ruder bei Inditex übernehmen. «Er hat sie gründlich darauf vorbereitet, einmal die Schlüsselpositionen einzunehmen», sagt O'Shea. Ob Ortegas Nachfolgerin die öffentliche Zurückhaltung beibehalten wird, ist noch nicht abzusehen. Für das Unternehmen hat sich diese Strategie jedenfalls bewährt. Auch Zara macht nur ausnahmsweise Werbung - und das mit Erfolg. Ein Phänomen, das inzwischen sogar die Wirtschaftsforscher beschäftigt.
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