Was die EZB tun und lassen soll
Soll die EZB Staatsanleihen aufkaufen oder nicht? Soll die geplante EU-Bankenaufsicht alle Geldinstitute überwachen oder nur die grossen Player? Europa streitet über Aufgaben und Kompetenzen der Zentralbank.

EZB-Chef Mario Draghi hat den Vorwurf der Staatsfinanzierung durch geplante Anleihenkäufe von Euro-Sorgenländern wie Spanien oder Italien zurückgewiesen. Der Kauf von Anleihen mit kurzer Laufzeit von bis zu drei Jahren diene der Preisstabilität und der Stabilität des Euro und sei keine Staatsfinanzierung, sagte er laut Teilnehmerkreisen vor dem Finanzausschuss des EU-Parlaments in Brüssel. Das Treffen am Montagnachmittag fand hinter verschlossenen Türen statt und Draghi äusserte sich nicht öffentlich.
Der Italiener habe trotz der Mahnungen aus Berlin seinen Plan verteidigt, am Anleihenmarkt einzugreifen, um die Zinslast für Madrid oder Rom zu drücken, verlautete am Rande des Treffens. «Er hat seine proaktive Linie im Kampf um die Preisstabilität gerechtfertigt», sagte ein Abgeordneter der dapd. Ein Abrücken von seiner Position sei «nicht zu erkennen gewesen».
Schäuble und Weidmann laufen Sturm
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte am Morgen im Interview mit dem Deutschlandfunk energisch vor dem Tabubruch gewarnt, Staatsschulden durch die Notenpresse zu finanzieren. «Das ist das, was wir auf gar keinen Fall machen dürfen», sagte er. «Da muss man auch den Anfängen wehren.» Er stärkte damit Bundesbankchef Jens Weidmann den Rücken, dem schärfsten Kritiker der Pläne von EZB-Chef Mario Draghi.
Der verriet in der Ausschussitzung in Brüssel zwar keine Einzelheiten über seine neuen Pläne. Darüber soll am Donnerstag der EZB-Gouverneursrat beraten. Wohl aber betonte er von den Volksvertretern die Dringlichkeit eines Eingreifens. So habe er auf die Störung des Interbankenmarktes hingewiesen: Die Banken in den Problemländern würden sich – obwohl die Regierungen konsolidieren – kein Geld mehr leihen. Dadurch bestehe eine «Gefahr der Fragmentierung und der Renationalisierung der Banken», warnte Draghi den Quellen zufolge.
Schäuble bekräftigte die Haltung der Bundesregierung, «dass wir die Unabhängigkeit der Bundesbank achten». Aber es müsse «ganz klar bleiben», dass Staatsschulden «nicht durch Geldpolitik finanziert werden» dürften. «Das ist das, was wir auf gar keinen Fall machen dürfen.»
Deutschland will nur die Grossen überwachen
Doch nicht nur über mögliche Anleihenkäufe ist in Europa ein Streit entbrannt. Auch betreffend der geplanten mächtigen Aufsicht für Europas Banken herrscht keine Einigkeit. Denn während Brüssel alle 6000 Banken in den Euro-Ländern kontrollieren will, plädiert Deutschland dafür, nur die grossen Player unter Aufsicht zu stellen.
Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble hatte vor einigen Tagen in der «Financial Times» geschrieben, die Aufsicht solle auf grosse Banken begrenzt werden, deren Zusammenbruch das gesamte Finanzsystem in Europa ins Wanken bringen könnte: «Das ist auch eine Sache des gesunden Menschenverstands.» Es sei für eine europäische Kontrollbehörde nicht zu schaffen, direkt alle 6000 Banken effektiv zu beaufsichtigen.
«Auch kleine Banken können Turbulenzen auslösen»
Neben der Bundesregierung wenden sich auch deutsche Sparkassen und Volksbanken gegen eine zentrale Kontrolle – sie würden von den nationalen Aufsehern schon ausreichend überwacht, lautet ihr Argument.
EU-Kommissar Rehn ist anderer Meinung: «Wir haben in den vergangenen Jahren gesehen, dass auch kleine Banken entscheidend für das System sein können und Finanzturbulenzen auslösen können», sagte Rehn mit Verweis auf die Northern Rock, Anglo Irish und die spanische Grossbank Bankia.
Alle diese Institute mussten mit enormen staatlichen Rettungsaktionen vor der Pleite bewahrt werden. Nationale Aufseher sollten weiter «eine wesentliche Rolle in diesem System spielen».
EZB soll die Kontrolle übernehmen
Nach dem Beschluss des Euro-Gipfels von Ende Juni ist die Einführung einer einheitlichen Aufsicht die Voraussetzung dafür, dass der Euro-Krisenfonds ESM künftig direkt angeschlagene Banken mit Krediten unterstützen kann.
Nach dem Willen der EU-Kommission soll die Europäische Zentralbank (EZB) künftig die zentrale Rolle spielen. Olli Rehn sagte: «Der EZB sollte die Hauptverantwortung mit Schlüssel-Kontrollaufgaben anvertraut werden, um eine wirksame und qualitativ hochwertige Überwachung sicherzustellen.» Um Interessenkonflikte zu vermeiden, sollte innerhalb der Zentralbank die Aufsicht strikt getrennt werden von geldpolitischen Entscheidungen.
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