Das Zauberwort, das nichts versteckt
Julius Bär hat wenig berauschende Zahlen vorgelegt. «Adjustiert», seien diese zu verstehen, so die Bank. Die Probleme schimmern trotzdem hervor – und wie.
Julius Bär präsentiert ein durchzogenes Jahr. Neben einem galoppierenden Wachstum bei den Mitarbeitern, den Vermögen und den Einnahmen schossen gleichzeitig die Kosten in die Höhe. Per Saldo verschlechterte sich die Lage. Die Bank muss nach dem Kauf der Kundengelder von Merrill Lynch International (IWM), also der Nicht-US-Vermögensverwaltung der gleichnamigen amerikanischen Investmentbank, die Bank neu aufstellen.
Die Transaktion, die in diesem Jahr vollends über die Bühne gehen soll, erweist sich als schwer verdaubar. Das war eigentlich absehbar, doch erhoffte sich der Architekt des Deals, Bär-CEO Boris Collardi, vermutlich weniger lange Mühe und mehr schnellen Erfolg. Im Kern hat Collardi ein einfaches Problem. Mit der IWM-Übernahme holte er sich eine Vermögensverwaltung ins Haus, die weniger rentiert als das bisherige Geschäft. Also muss er die Kosten straffen.
Kosten steigen rascher als Einnahmen
Das aber hört sich leichter an, als es getan ist. Collardi und seine Bär-Manager wussten um die Gefahr, und sie machten bei der Übernahme vor anderthalb Jahren auch klar, dass die Transaktion zuerst einmal negativ auf die Relation von Kosten zu Einnahmen (C/I für Cost/Income) durchschlagen würde. Doch sei der Brocken geschluckt, finde die neue, deutlich grössere Julius Bär wieder in den angestammten C/I-Zielbereich zurück, versprachen die Bär-Chefs.
Derzeit liegt die Bank mit einem C/I von 71 Prozent oberhalb des oberen Rands. Die Zahl wirkt auf den ersten Blick nicht besonders abschreckend. Die meisten Privatbanken kämpfen in diesen Umbruchzeiten mit hohen Kosten, die rascher steigen als die Einnahmen. Bei Bär war es 2013 ein Plus von 29 Prozent auf der Aufwandseite im Vergleich zu einer Zunahme von 26 Prozent bei den Erträgen. Alles halb so schlimm, könnte man meinen.
«Adjustiert» steht Julius Bär gut da
Doch die Rechnung von Julius Bär unterscheidet sich von jener vergleichbarer Banken durch eine grosse Anzahl von Spezialfaktoren. Unter Boris Collardi haben die Verantwortlichen dafür eine Lösung gefunden, quasi ein Zauberwort. Collardi spricht konsequent von «adjustierten» Zahlen: So ist im heutigen Communiqué zum Ergebnis des abgelaufenen Jahres die Rede von adjustiertem Geschäftsaufwand, adjustiertem Gewinn vor Steuern und adjustiertem Konzerngewinn.
Adjustiert steht Julius Bär gut da. Nicht adjustiert sieht die Lage freilich anders aus. Werden nämlich die Kosten für die vielen Übernahmen in der Vergangenheit, der dabei bezahlte Goodwill und einige Sonderfaktoren mitberücksichtigt, dann wird klar, dass die Bank ein Kostenproblem hat. Ihre Rendite für die Aktionäre (Return on Equity, ROE) liegt in dieser «realen» Betrachtung – es handelt sich immerhin um jene nach dem Buchhaltungsstandard IFRS – noch bei 3,9 Prozent, das entspricht einem Rückgang um mehr als ein Drittel. Der Wert ist weit weg von den in der Bankenbranche angepeilten 10 bis 15 Prozent ROE.
Die Bank kommt nicht um eine Restrukturierung herum
Die Zahlen machen klar, dass die Bank Julius Bär nach einem stürmischen Wachstum, das Collardi mit seiner Merrill-Lynch-Transaktion persönlich zu verantworten hat, jetzt auf einen Konsolidierungskurs einschwenken muss. Die Führungscrew muss diesen Schwenker zu einer Zeit vollziehen, in der die Schweizer Finanzindustrie unter dem Wegfall von Einnahmen aus der Schwarzgeldära und der Suche nach neuen Einnahmen leidet. Nichts weniger als eine Sanierung oder – etwas weniger dramatisch ausgedrückt – Restrukturierung steht bei Bär an. Diese soll langfristig die Kosten im Verhältnis zu den Erträgen ins Lot bringen.
Zuerst aber heisst das neue Ausgaben. Im Vordergrund stehen Kauf und Implementierung eines nagelneuen IT-Systems. An der Börse wurden die Bär-Aktien im Frühhandel entsprechend abgestraft, in einem guten Markt sanken die Titel um gegen 3 Prozent. Offenbar wurden die Investoren auf dem falschen Fuss erwischt. Ihre Erwartungen, dass Julius Bär mit ihrem Quantensprung der Merrill-Lynch-Transaktion auch beim Gewinn und der Rentabilität rasch in eine neue Dimension vorstossen würde, wurden enttäuscht.
Collardi ist gefordert. Er hat die Bank gross gemacht, nicht zuletzt im heissen Markt Asien, wo Bär nun auch mit Lombardkrediten sehr aktiv geworden ist. Die Risiken rund um die einstige Zürcher Traditionsbank, die sich in den letzten Jahren in einen Global Player für die Reichen verwandelt hat, sind deutlich gestiegen.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch