«Die Krise könnte die Weltwirtschaft zum Entgleisen bringen»
Der IWF sieht die Eurokrise als grösstes Risiko für die globale Wirtschaft. Die Organisation fordert mehr Massnahmen und warnt vor einer verzögerten Umsetzung. Besonders besorgt blickt sie nach Spanien.

Für den Internationale Währungsfonds (IWF) hat die Lösung der europäischen Schuldenkrise «allerhöchste Priorität». Mehr Massnahmen seien nötig, um eine weitere Eskalation zu verhindern, warnte der IWF. Seinen globalen Wirtschaftsausblick korrigierte er angesichts der Probleme in der Eurozone und einer Konjunkturschwäche in Schwellenländern nach unten.
«Das Hauptrisiko liegt auf der Hand, dass die Teufelskreise in Spanien und Italien stärker werden,...dass eines dieser Länder finanziellen Zugang zu den Märkten verliert», sagte Chefökonom Oliver Blanchard. «Die Eurokrise und deren Auswirkungen könnten die Erholung der Weltwirtschaft zum Entgleisen bringen.»
Weltweit erwartet der Währungsfonds für dieses Jahr jetzt einen Zuwachs von 3,5 Prozent, während im April von 3,6 Prozent die Rede war. Für 2013 sagt der IWF voraus, dass die globale Wirtschaft um 3,9 Prozent und damit um 0,2 Prozentpunkte weniger zulegt als im Frühjahr geschätzt.
Ein Schritt in die richtige Richtung
Eindringlich warnt der IWF davor, die Umsetzung von beschlossenen Massnahmen zur Bekämpfung der Schuldenkrise zu verzögern oder es bei diesen Massnahmen bewenden zu lassen. Die jüngsten EU-Gipfelbeschlüsse seien ein Schritt in die richtige Richtung. Sie könnten helfen, den Teufelskreis zwischen Staaten und Banken zu durchbrechen.
Die jüngste Verschärfung an vielen europäischen Anleihemärkten zeige aber, dass eine zeitnahe Umsetzung und weitere Schritte in Richtung einer Banken-und Fiskalunion vordinglich seien. «Einfach gesagt, die europäischen Peripherieländer müssen Erfolg haben», fasste IWF-Chefökonom Blanchard die Lage zusammen.
Europa schrumpft
Für die Eurozone insgesamt bleibt der Währungsfonds bei seiner Vorhersage, dass das Bruttoinlandsprodukt 2012 um 0,3 Prozent schrumpft. 2013 wird ein Wachstum von 0,7 Prozent erwartet, ein Minus von 0,2 Prozentpunkten im Vergleich zur April-Prognose.
Risiken sieht der IWF auch für die weltgrösste Volkswirtschaft USA. Hier werden zum Jahresende wichtige Steuererleichterungen auslaufen und 2013 massive Sparmassnahmen querbeet durch den Haushalt beginnen, wenn sich der Kongress nicht handelt.
Fiskalische Bremswirkung
Der IWF warnt vor einer drohenden starken fiskalischen Bremswirkung und konjunkturellen Belastung, die auch auf die Weltwirtschaft ausstrahlen würde. Für dieses Jahr wird ein Wachstum von 2,0 vorausgesagt, für das kommende Jahr von 2,3 Prozent. Das ist jeweils 0,1 Punkt weniger als zuvor geschätzt.
Bei den Schwellen- und Entwicklungsländern erwartet der IWF eine Verlangsamung des Wachstumstempos: 5,6 Prozent 2012 und 5,9 Prozent 2013, eine Korrektur um 0,1 beziehungsweise 0,2 Punkte nach unten. In China sieht der Fonds eine Abkühlung auf ein achtprozentiges Wachstum 2012 voraus, für 2013 prognostiziert er einen Zuwachs von 8,5 Prozent. Noch stärker veranschlagt der IWF die Abschwächung in Indien, für das Wachstumsraten von nur gut sechs Prozent erwartet werden.
Kurswechsel für Spanien
Spanien bleibt nach Einschätzung des IWF auch 2013 in der Rezession. Der Internationale Währungsfonds (IWF) geht davon aus, dass die spanische Wirtschaft im kommenden Jahr um 0,6 Prozent schrumpft; bislang hatten die IWF-Ökonomen mit einem Miniwachstum von 0,1 Prozent gerechnet.
In diesem Jahr erwartet der IWF einen Rückgang des spanischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 1,5 Prozent. Das ist im Vergleich zur April-Prognose eine leichte Verbesserung um 0,4 Prozentpunkte.
Spanien, viertgrösste Volkswirtschaft der Eurozone, ist eines der grössten Sorgenkinder in der Schuldenkrise. Das Land musste sich auf harte Sparauflagen einlassen, um das Haushaltsdefizit von zuletzt 8,9 Prozent des BIP bis 2014 wieder unter die Marke von 3 Prozent zu drücken. Mit einem am Freitag beschlossenen Sparpaket will die Regierung in Madrid in zweieinhalb Jahren 65 Milliarden Euro einsparen.
Anhebung der Mehrwertsteuer
Der Plan, der bei der Bevölkerung auf grosse Widerstand gestossen ist, sieht unter anderem eine Anhebung der Mehrwertsteuer von 18 auf 21 Prozent, eine Kürzung des Arbeitslosengeldes und die Abschaffung des Weihnachtsgeldes für Staatsangestellte vor. Auch der Steuerabzug beim Wohnungskauf wird gestrichen. Die Ministerien müssen ihre Ausgaben um zusätzliche 600 Milliarden Euro senken.
Der Druck der Finanzmärkte auf Spanien hält trotzdem an. Die Risikoaufschläge für spanische Staatsanleihen setzten am Montag ihren Aufwärtstendenz fort. Die Rendite für richtungsweisende zehnjährige Wertpapiere stieg auf 6,7 Prozent.
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