Wirtschaftsmächte pumpen gemeinsam Yen in den Markt
Erstmals seit mehr als zehn Jahren haben die Notenbanken der Industriestaaten gemeinsam den Währungsmarkt manipuliert – für die angeschlagene Wirtschaft ein wichtiger Schritt.
Hoffnungsschimmer für die gebeutelte japanische Wirtschaft: Das gemeinsame Einschreiten der führenden sieben Industriestaaten (G7) hat den Höhenflug der japanischen Währung gestoppt.
Die G7-Finanzminister und Notenbankpräsidenten hatten in der Nacht auf heute in einer Telefonkonferenz beschlossen, gemeinsam gegen den starken Anstieg des Yen vorzugehen. Es ist das erste Mal seit mehr als zehn Jahren, dass die führenden Wirtschaftsnationen gemeinsam am Devisenmarkt einschreiten.
Yen in grossen Mengen verkauft
Der Yen war zuvor trotz der verheerenden wirtschaftlichen Katastrophen-Folgen gegenüber dem Dollar auf den höchsten Stand seit dem Zweiten Weltkrieg gestiegen. Das setzt gerade Japans Exportwirtschaft zusätzlich unter Druck, weil es deren Produkte in wichtigen Märkten verteuert.
Eingegriffen haben laut der japanischen Nachrichtenagentur Kyodo Japan, die USA, Grossbritannien, Kanada und die Europäische Zentralbank mit koordinierten Verkäufen der japanischen Währung und Ankäufen des Dollars.
In einer gemeinsamen Mitteilung der Finanzminister und Notenbankchefs hiess es, die Teilnehmer hätten «ein aufeinander abgestimmtes Eingreifen in die Devisenmärkte» beschlossen. «Wir werden die Devisenmärkte genau beobachten und entsprechend zusammenarbeiten.»
Kein Kommentar der SNB
Der Yen verlor daraufhin heute deutlich an Boden, Dollar und Euro verteuerten sich zugleich im Verhältnis zum Yen. Gemäss der Online-Bank Swissquote mussten heute um 18 Uhr für einen Dollar 81.05 Yen bezahlt werden. Am Vortag waren es zeitweise lediglich 76.25 Yen gewesen - so wenig wie noch nie in der Nachkriegsgeschichte.
Zum Franken sank der Yen dagegen um 2,2 Prozent im Vergleich zum letztbezahlten Kurs am Donnerstag. 100 Yen kosteten um 18 Uhr 1.1114 Franken. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) beschloss am Freitagmorgen, die konzentrierte Intervention der G7-Staaten nicht zu kommentieren. Das sagte ihr Sprecher Walter Meier auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA.
Spekulanten oder Investoren?
Der japanische Finanzminister Yoshihiko Noda hatte Spekulanten für die starke Aufwertung des Yen verantwortlich gemacht. Devisenexperten führten die Aufwertung dagegen hauptsächlich darauf zurück, dass japanische Investoren dringend Geld brauchen, um die Schäden aus der Natur- und Nuklearkatastrophe zu beheben.
Vor allem Versicherer und andere grosse Investoren hätten Milliarden-Anlagensummen aus dem Ausland zurückgeholt und in Yen getauscht. Deshalb sei die Nachfrage nach dem Yen und damit sein Kurs so enorm gestiegen.
Yenstärke belastet Wirtschaft zusätzlich
Die Entwicklung hat japanische Produkte, die im Dollar-Raum verkauft werden, deutlich verteuert. Auch Unternehmen, die wie der Autohersteller Toyota in den USA und anderen grossen Märkten produzieren, leiden unter dieser Entwicklung. Sie erhalten deutlich weniger Yen für in den USA verkaufte Autos.
Der im Vergleich zum Dollar starke Yen ist seit Jahren eines der grössten Probleme der japanischen Wirtschaft. Vor der Natur- und Nuklearkatastrophe hatte sich der Dollar in einer Bandbreite zwischen 80 und 85 Yen bewegt.
Die Pläne der G7-Staaten für ein gemeinsames Vorgehen gegen den starken Yen sowie eine einigermassen stabile Lage am Katastrophenreaktor Fukushima beruhigten zum Wochenschluss auch die Aktienmärkte. Die japanische Börse verbuchte am Freitag Kursgewinne.
Um das Finanzsystem zu stabilisieren, stellt die japanische Notenbank den Banken seit Tagen Geldspritzen in Milliardenhöhe bereit. Sie reagiert damit auf den hohen Liquiditätsbedarf der Banken. Die Summe der kurzfristigen Notfallmassnahmen summiert sich mittlerweile auf rund 37 Billionen Yen (422 Milliarden Franken).
SDA/oku
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