Privilegien dank guter BeziehungenWirtschaftsbosse jetten zum Impfen in die Emirate
Banker, Pensionskassenchefs und Energiemanager nutzen ihre Kontakte zur Herrscherfamilie, um rasch einen Schutz gegen das Coronavirus zu erhalten.

Sie kommen oft im Privatjet an und übernachten in den teuren Strandhotels von Dubai wie dem Mandarin Oriental, Four Seasons und dem Bulgari Resort: Wohlhabende Impftouristen, die sich in den Vereinigten Arabischen Emiraten einen schnellen Schutz gegen das Coronavirus und somit gegen einen schweren Verlauf von Covid-19 holen.
Wie die «Financial Times» berichtet, nutzt auch die Wirtschaftsprominenz ihren Einfluss und Wohlstand, um in den Emiraten bevorzugt behandelt zu werden. Dazu gehören Banker, Financiers, Pensionskassenchefs und Energiemanager.
Laut der Wirtschaftszeitung haben sich folgende Personen in den Emiraten impfen lassen:
Ben Goldsmith

Der britische Financier und Berater der britischen Regierung hat gegenüber der «Financial Times» bestätigt, zusammen mit seiner Frau die Impfung erhalten zu haben. Sie seien vor Weihnachten in die Emirate geflogen, bevor Grossbritannien die Massnahmen gegen die Verbreitung des Coronavirus verschärft habe. Er habe sich mit seiner Frau entschieden, vorübergehend in den Emiraten zu bleiben und sich dort impfen zu lassen. Das Paar erhielt auf Einladung der Herrscherfamilie von Abu Dhabi den Impfstoff von Biontech/Pfizer verabreicht. «Wir waren einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort», sagt der 40-jährige Goldsmith.
Claudio Descalzi

Der Chef des italienischen Energiekonzerns Eni erhielt eine kostenlose Impfung mit dem Wirkstoff von Biontech/Pfizer. Das Unternehmen teilt dazu einzig mit, der 66-Jährige sei zu «Geschäftszwecken» in den Arabischen Emiraten geimpft worden.
Mark Machin

Der britische Investmentbanker war Chef und Verwaltungsratspräsident von Canada Pension Plan, der grössten Pensionskasse von Kanada. Der 55-Jährige musste zurücktreten, nachdem bekannt geworden war, dass er entgegen den kanadischen Vorschriften in die Emirate gereist war, um sich dort impfen zu lassen. Die Impfung soll Ende Februar stattgefunden haben. Nebst Machin soll auch seine Lebenspartnerin das Vakzin erhalten haben.
Rajeev Misra

Der Topbanker des japanischen Konglomerats Softbank soll im Januar von London in die Emirate geflogen sein, um sich impfen zu lassen. Der gebürtige Inder ist Chef von Vision Fund, dem weltweit grössten Risikokapitalgeber im Technologiebereich. Vision Fund gehört zu Softbank. Die «Financial Times» geht davon aus, dass der 59-Jährige die Impfung nur durch gute Beziehungen erhalten habe, da er kein Bürger der Emirate sei. Softbank lehnte eine Stellungnahme ab.
Emirate mit hohem Impftempo
Mit mehr als 6 Millionen verabreichten Impfungen für ihre 10 Millionen Einwohner haben die Emirate eines der schnellsten Impfprogramme der Welt auf die Beine gestellt. Die Föderation hat auch Phase-3-Studien für den chinesischen Impfstoff Sinopharm durchgeführt und plant dessen Herstellung. Die Emirate verfügen über genügend Vorräte, um ihre gesamte Bevölkerung zu impfen.
Es wird erwartet, dass das Land irgendwann ein offizielles Impftourismusprogramm starten wird. Im Moment werden überflüssige Dosen an gut vernetzte Auswärtige vergeben. In der Föderation können nur Mitglieder der Königsfamilie und hochrangige Beamte solche Privilegien gewähren.
Diese Praxis ist im Land als «Impfstoff-Wasta» bekannt. «Wasta» ist ein arabisches Wort, das sich lose in Vetternwirtschaft, Schlagkraft oder «wen Sie kennen» übersetzen lässt.
Doch auch in der Schweiz wurden Fälle von Impfprivilegen bekannt. Der südafrikanische Uhrenindustrielle Johann Rupert liess sich Anfang Januar in Frauenfeld vor dem offiziellen Start mit behördlichem Segen impfen.
«Es liegt mir daran, für alle Mitarbeitenden in meinen Unternehmen ein Zeichen zu setzen. Meine Botschaft ist: Nur über die Impfung werden wir es schaffen, aus dieser Krise herauszukommen», begründete der Verwaltungsratspräsident und Mehrheitseigner des Genfer Luxusgüterkonzerns Richemont seinen Schritt.
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