Soll man wirklich nichts bereuen?
Als ich noch jung war, war Edith Piafs Lied «Non, je ne regrette rien» sozusagen meine persönliche Nationalhymne. Aber heute frage ich mich:
Was ist eigentlich so toll daran, von sich selbst sagen zu können, man bereue nichts?
Liebe Frau D.
Beides kann ich sehr gut nach- und mitempfinden: sowohl die jugendliche Faszination für das rotzig trotzige Bekenntnis, dass man nichts an seinem zukünftigen wilden Leben zu bereuen haben wird, als auch den mit dem Alter immer unabweislicher einsetzenden Zweifel, ob mein bisher gelebtes Leben tatsächlich das beste aller mir möglichen gewesen sei. Darum wäre es ein altkluger Selbstverrat, die zaghaft einsetzende Altersweisheit denunziatorisch und auftrumpfend gegen die eigenen Jugendträume auszuspielen. Andererseits aber wäre es ebenso dumm, stur an einer von der Erfahrung so offensichtlich überholten Maxime festzuhalten und sich in einen Kokon nostalgischer Reuelosigkeit einzuspinnen.