«Die Leute in Tscheljabinsk hatten sehr viel Glück»
Die Explosion des Meteoriten über Russland im Februar war 30-mal so stark wie diejenige der Atombombe von Hiroshima. Dies und mehr haben Forscher dank Youtube-Videos und Atomtestsensoren herausgefunden.
Gänzlich ohne Vorwarnung tauchte der Meteorit am 15. Februar am Himmel über Russland auf. Sekunden später explodierte der Himmelskörper in der Luft nahe der Stadt Tscheljabinsk, beobachtet nur von zufälligen Zeugen. Dazu gehörten die Videokameras, welche zahlreiche Russen in ihren Autos installiert haben. Viele dieser Aufnahmen gelangten auf Youtube. Wie ein kanadisches und ein kolumbianisches Forscherteam der «New York Times» nun berichtete, konnte dank dieser Aufnahmen die Herkunft des Asteroiden bestimmt werden.
Hätten Forscher den Asteroiden bereits im Anflug auf die Erde entdeckt, hätten sie seine Flugbahn beobachten können und daraus auch seine Herkunft sehr genau berechnen können. Nun aber lag der Meteorit in tausend Stücke explodiert über Quadratkilometer verteilt am Boden, als die Forscher ihre Arbeit begannen. Die Lösung hatte ihnen ein schwedischer Blogger namens Stefan Geens präsentiert: Er bestimmte kurzerhand auf Google Earth den Standort einer Kamera, die auf den gut erkennbaren Platz der Revolution in Tscheljabinsk gerichtet war. Als der Feuerball den Himmel durchquerte, wanderten auf dem Platz die Schatten der Lampenpfosten mit. Anschliessend berechnete Geens daraus die Flugbahn des Asteroiden.
Ursprünglich harmlose Umlaufbahn
Die kolumbianischen Forscher, die Geens als Co-Autor in ihrer Studie aufführten, verfeinerten die Berechnungen noch und kamen schliesslich zum Schluss, dass der Asteroid ursprünglich im Asteroidengürtel auf einer Umlaufbahn zwischen Mars und Jupiter um die Sonne gekreist war. Nicht ganz sicher sind die Forscher, wieso der Asteroid diese harmlose Umlaufbahn verliess. Möglicherweise habe ihn die Anziehungskraft von Jupiter oder eines anderen Planeten an einem gewissen Punkt abgelenkt.
Auch zur Bestimmung der Zerstörungskraft des Meteoriten waren die Forscher auf fremde Daten angewiesen. Ein kanadisches Team griff dazu auf die Daten von akustischen Sensoren zurück, welche der Überwachung des Atomwaffensperrvertrags dienen. Die rund 45 weltweit stationierten Sensoren zeichnen Ultraschall auf. Die für das menschliche Ohr nicht hörbaren Wellen sind über grosse Strecken vernehmbar. Anhand der Daten kamen die Forscher zum Schluss, dass die bei der Explosion freigesetzte Energie so gross wie jene von 440 Kilotonnen Dynamit gewesen war, was der dreissigfachen Zerstörungskraft der Atombombe von Hiroshima entspricht.
Vergleichsweise geringe Zerstörung
Anders als diese richtete der Meteorit allerdings nur eine geringe Zerstörung an. Der Grund dafür liegt laut den Forscher darin, dass der Asteroid in rund 24 Kilometern Höhe explodierte. «Die Leute in Tscheljabinsk hatten sehr viel Glück», sagte laut der «New York Times» denn auch Edward Lu, der Chef einer privaten Initiative zur Erkennung von Asteroiden, in einer Anhörung des amerikanischen Kongresses. «Wenn er näher am Boden explodiert wäre, wären die Folgen viel schlimmer gewesen», sagte auch die amerikanische Forscherin Margaret Campbell-Brown.
Zu guter Letzt konnten die Forscher aus der Geschwindigkeit des Meteoriten und der bei der Explosion freigesetzten Energie dessen Gewicht bestimmen: Rund 11'000 Tonnen wog der Asteroid – so viel wie 261 42-Tonnen-Lastwagen.
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