Wo die Schweizer keine Sackgebühr zahlen
Schlechte Noten für den Recycling-Weltmeister: In der Schweiz wären 340'000 Tonnen des jährlichen Abfalls wiederverwertbar. Mit schuld an der hohen Zahl sind laut dem Bafu 517 Gemeinden.
1,6 Millionen Tonnen Hauskehricht werden in der Schweiz jährlich entsorgt – acht Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Dies zeigt die gestern veröffentlichte «Erhebung der Kehrichtzusammensetzung 2012» des Bundesamtes für Umwelt (Bafu). Ein Fünftel davon oder 340'000 Tonnen sind rezyklierbare Stoffe. Mit zwei Dritteln den grössten Anteil der ungenutzten Wertstoffe machen biogene Abfälle aus. Seit 2001 hat der Anteil von Abfällen, die sich kompostieren oder vergären lassen, deutlich zugenommen. Dies obwohl in vielen Gemeinden Grüngutsammlungen bestehen.
13,5 Prozent (220'000 Tonnen) der wiederverwertbaren Stoffe entfallen auf Papier, beim Karton sind es 3,8 Prozent (63'000). Auch Glas wird – trotz eines flächendeckenden Sammelsystems – immer wieder in den Abfalleimer geworfen. Mehr als 60'000 Tonnen wurden laut der Studie im Hauskehricht gefunden. Die Kehrichtmenge pro Kopf hingegen ist in den letzten zehn Jahren von 260 auf 206 Kilogramm gesunken.
Mehr Abfall in Tourismusregionen
Die regionalen Unterschiede sind gross: Die Tests zeigen, dass ländlich geprägte Gemeinden markant geringere Kehrichtmengen produzieren, touristisch geprägte Gemeinden markant höhere. Den grössten Einfluss auf die Menge und die Zusammensetzung des anfallenden Abfalls hat laut dem Bafu das Gebührensystem. In Gemeinden mit Sackgebühr entsorgen die Einwohner durchschnittlich 80 Kilogramm weniger Kehricht als in Gemeinden ohne. 20 Prozent der Bevölkerung leben in Gemeinden, in denen die Abfallentsorgung vollumfänglich steuerfinanziert wird.
Im Jahr 2011 gab es in 517 Gemeinden keine Sackgebühr. Dies obwohl das Umweltschutzgesetz die Finanzierung der Abfallentsorgung nach dem Verursacherprinzip vorschreibt. Die Zahlen des Bafu belegen in dieser Hinsicht einen wahren «Güselgraben». Vor allem die lateinische Schweiz sträubt sich gegen die Mengengebühr. 496 Gemeinden in den Kantonen Genf, Jura, Tessin, Waadt und dem Wallis kennen die Abgabe nicht. Auch im Kanton Aargau ist die Abfallentsorgung in zehn Gemeinden steuerfinanziert. Die elf Gemeinden des Kantons Nidwalden haben die Sackgebühr erst per 1. Januar 2014 eingeführt.
Viel Potenzial
In den Gemeinden ohne Sackgebühr ist das Potenzial rezyklierbarer Stoffe laut Hochrechnungen gross: 11'000 bis 20'000 Tonnen mehr Papier und Karton liessen sich laut dem Bafu wiederverwerten, würden die betroffenen Gemeinden ein verursachergerechtes Abfallgebührensystem einführen. Bei Glas wären es 4000 bis 12'000 Tonnen.
Bafu-Direktor Bruno Oberle hofft, dass diese Zahlen zur Sackgebühr Wirkung zeigen: «Wir haben den Beweis erbracht, dass dieses System funktioniert und billiger ist als andere», sagt er bei der Präsentation der Studie vor den Medien.
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